Er ritt einst als Quereinsteiger in den heiligen Hallen der Wiener Staatsoper ein, hat sich aber schnell zum unangefochtenen Besitzer des Direktorensattels gemausert: Bogdan Roščić. Seit bald vier Jahren steht der Kulturmensch an der Spitze eines der heimischen Aushängeschilder. Eine persönliche Neuererfindung im wendungsreichen Berufsleben des gebürtigen Belgraders und sozialisierten Linzers. Am Donnerstag feiert der Impresario nun seinen 60. Geburtstag.
Geboren wurde der spätere Opernchef am 18. April 1964 in Belgrad, von wo aus seine Eltern 1974 nach Linz emigrierten. Roščić ging in der oberösterreichischen Landeshauptstadt in die Schule, bevor er in Wien Philosophie und Musikwissenschaft studierte — und mit einer Dissertation über Theodor W. Adorno abschloss.
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Plagiatsverfahren wurde von der Uni Wien eingestellt
Das nach seiner Ernennung aufgrund von Vorwürfen des „Plagiatsjägers“ Stefan Weber eingeleitete Plagiatsverfahren gegen die Arbeit wurde 2017 von der Universität Wien eingestellt.
Seine Karriere nach der Uni begann Roščić als Journalist. Vom Kulturressort der „Presse“ führte ihn dieser Lebensweg über den „Kurier“ bis hin zum ORF, wo er zunächst Musikchef des Radiosenders Ö3 wurde, bevor er 1996 zu dessen Senderchef aufstieg.
Das zweite Berufsleben Roščićs nach dem Journalismus war mithin das des Medienmachers. Er baute Ö3 zum Formatradio um, stärkte den Fokus auf Popkultur und Comedyformate und sicherte damit gute Zahlen. Das Ende von Roščićs Laufbahn im ORF folgte dann parallel zum Amtsantritt von Monika Lindner als Generaldirektorin 2002.
Nun folgte Teil 3 im Roščić’schen Lebenslaufs: der Manager in der Musikindustrie. Den Anfang machte die Position des Managing Director bei Universal Music Austria, die ihn als „Starmania“-Juror erstmals auch in der breiten Öffentlichkeit bekannt machte.
Bereits 2003 wechselte der umtriebige Grenzgänger zwischen E- und U-Musik zum Renommierlabel Deutsche Grammophon nach Hamburg, 2006 nach London zum Klassiklabel Decca und weitere drei Jahre später als Präsident der Klassiksparte zu Sony Music nach New York. Karrierestufe 4 wurde dann im Jahr 2020 gezündet, als der Kulturmensch am 1. Juli seinen neuen Posten als Direktor der Wiener Staatsoper antrat.
In Nachfolge des damaligen Amtsinhabers Dominique Meyer, der an die Mailänder Scala wechselte, verordnete Roščić der altehrwürdigen Institution Reformen. Ruhig wurde es jedenfalls nicht am Opernring 2 unter neuer Leitung. So war Roščić einer der umtriebigsten Kulturmanager, als die Lockdowns im Zuge der Corona-Pandemie auch das Kulturleben zum Stillstand brachten. Der neue Direktor, der mittels zugekaufter Inszenierungen bemüht war, den Repertoirebestand am Haus rasch zu erneuern, plante schnell um und präsentierte die angesetzten Inszenierungen als TV-Premieren.
Öffentlicher Schlagabtausch mit Klaus Schröder
Zugleich lieferte er sich mit seinem Nachbarn, Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder, einen öffentlich ausgetragenen Disput über die Bedeutung des Theaters in Pandemiezeiten, in denen Worte wie „Hybris“, „Ahnungslosigkeit“ und „Perfidie“ fielen.
Ebenfalls öffentlich stattfand die Auseinandersetzung mit dem zusammen mit Roščić ans Haus gekommenen Musikdirektor Philippe Jordan. Nachdem dieser das Regietheater in einem Zeitungsinterview kritisiert hatte und ankündigte, seinen 2025 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern, betonte Roščić, dass es ihm leider nicht möglich gewesen wäre, den Vertrag des Kollegen zu verlängern.
Auch Staatsballettchef Martin Schläpfer kam nach einer Amtszeit abhanden, worauf Roščić gemeinsam mit Volksopernchefin Lotte de Beer die italienische Tänzerin Alessandra Ferri als Nachfolgerin präsentierte, die ihren neuen Posten mit 1. September 2025 antritt.
Traute Einigkeit herrschte mit Mäzen Hans Peter Haselsteiner, der für die Staatsoper im Französischen Saal des Künstlerhauses primär auf seine Kosten eine fixe Spielstätte für die Kinderoper einrichtet, die im heurigen Herbst eröffnen soll. Neben Kinder- und Jugendprogramm sind hier dann auch experimentelle Ballettinszenierungen oder kleinere Uraufführungen denkbar. Apropos wohlhabende Menschen um Geld erleichtern: Beim Opernball wurde ein „Solidaritätsaufschlag“ für in Not geratene Menschen eingehoben.
Passiert ist also so einiges in den ersten Jahren des Operndirektors Bogdan Roščić. Ob es vor der Transformation zum Pensionisten noch eine 5. Wandlung im Berufsleben des Impresarios geben wird, bleibt abzuwarten. Immerhin weiß der Opernchef, wo er zumindest noch bis ins Jahr 2030 hinein tätig sein wird, setzte er sich doch mit seiner Wiederbewerbung 2022 gegen die Konkurrenz durch.