Peter Simonischek ist in seiner langen Karriere das Kunststück gelungen, sowohl den Liebhabern der schweren Dramatik als auch den Freunden leichter Komödien, den Theatergängern wie den Kinofans, Radiohörern wie Fernsehcouchbewohnern ans Herz zu wachsen — und das ohne anbiederische Volkstümelei.
Nun ist der Schauspieler in der Nacht auf Dienstag mit 76 Jahren im Kreise seiner Familie in seinem Wiener Zuhause gestorben, wie seine Stammbühne, das Burgtheater, bestätigte.
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So wandelbar wie kaum ein anderer
Seine große Popularität beim Publikum verdankte der am 6. August 1946 geborene Grazer nicht zuletzt seiner Fähigkeit, in verschiedenste Charakterfächer zu schlüpfen und sich diese ganz zu eigen zu machen. So ist etwa seine Interpretation eines Pariser Lebemannes im Labiche-Stück „Die Affäre Rue de Lourcine“ an der Berliner Schaubühne legendär.
Zugleich bleibt er als Herr des Salzburger Domplatzes unvergessen, wo Simonischek 2002 bis 2009 eine Rekordzahl prägnanter Auftritte als Jedermann absolvierte. Und schließlich trat er 2016 mit der Dramödie „Toni Erdmann“ noch im reiferen Alter ins Rampenlicht des Weltkinos.
Simonischek wuchs in Markt Hartmannsdorf auf und ging im Konvikt St. Paul im Lavanttal in die Schule. Anschließend besuchte Simonischek die Akademie für Musik und darstellende Künste in Graz.
Berliner Schaubühne, Burg und Salzburger Festspiele
Nach Auftritten am Grazer Schauspielhaus ging es über St. Gallen, Bern, Darmstadt und Düsseldorf nach Berlin, wo Peter Simonischek ab 1979 für 20 Jahre lang dem Ensemble der Schaubühne angehörte. Dort wurde er zum Star und arbeitete mit Peter Stein, Luc Bondy oder Andrea Breth zusammen. Wiederholt war Simonischek bei den Salzburger Festspielen zu erleben, so etwa in Handkes „Prometheus, gefesselt“ und in Tschechows „Kirschgarten“.
Seine Antrittsrolle am Burgtheater, der John Gabriel Borkman war die Rückkehr in die Heimat. Seither war Simonischek nicht nur Ensemblemitglied des Hauses, sondern seit 2019 auch dessen Ehrenmitglied. Er spielte auf der legendären Bühne viel, von Nestroy und Tschechow über Thomas Bernhard und Edward Albee bis hin zum selbstverliebten Frauenhelden Gustav Heink in Bahrs „Das Konzert“ oder den todkranken Professor in der Adaption von Sally Potters „The Party“.
Simonischek war seit 1989 mit Kollegin Brigitte Karner verheiratet. Zwei seiner insgesamt drei Söhne sind ebenfalls Schauspieler, der dritte ist Regisseur. Der Verstorbene hatte das gestandene Mannsbild ebenso im Repertoire wie den groß gewordenen Buben, dem noch immer der Schalk im Nacken sitzt, verkörpert durch sein charakteristisches Lächeln. Für die TV-Verfilmungen der Daniel-Käfer-Romane Alfred Komareks bediente er sich bei dieser sympathischen Bubenhaftigkeit, in der Verfilmung des Robert-Schindel-Romans „Gebürtig“ machte er aus dem nach New York ausgewanderten KZ-Häftling Hermann Gebirtig eine eindrucksvolle Zentralfigur.
Eine große Altersrolle als Dirigent vor dem Ruhestand neben Senta Berger brachte ihm „An seiner Seite“ von Felix Karolus oder im Kino auch Götz Spielmanns „Oktober November“ 2013. Den Höhepunkt von Simonischeks Kinokarriere bedeutete jedoch Maren Ades gefeierte Dramödie „Toni Erdmann“, in der er mit falschen Zähnen und Perücke verzweifelt um die Liebe seiner von Sandra Hüller gespielten Tochter kämpft. Dieser Part brachte ihm unter anderem die Hauptdarstellertrophäe beim Europäischen Filmpreis ein.
„Belangloses zu machen, da ist es schade um die Zeit“
Zuletzt stellte Peter Simonischek noch persönlich seinen letzten Film „Der vermessene Mensch“ von Regisseur Lars Kraume vor, in dem er einen Ethnologen am Ende des 19. Jahrhunderts spielt. „Etwas Belangloses zu machen, auch wenn es ganz schöne Rollen sind, da ist es schade um die Zeit, wenn man so alt ist wie ich“, begründete Simonischek seine Entscheidung, wählerisch zu sein.
Der ORF gedenkt Simonischek am Mittwoch um 20.15 Uhr mit „An seiner Seite“ und um 22.30 Uhr mit „Toni Erdmann“ (ORF 2), am Donnerstag (0.05 Uhr) mit „Dolmetscher“und um 11.30 Uhr mit „Alles Glück dieser Erde“. Am Samstag sendet ORF 2 um 9.05 Uhr eine Folge von „Orte der Kindheit“, bevor um 9.35 Uhr „Der Kaktus“ und am Sonntag um 23.35 Uhr Jo Baiers Drama „Bergfried“ anschließen.