In einer Art Wohnzimmeratmosphäre mit gedimmten Standscheinwerfern haben es sich die drei Musiker gemütlich eingerichtet. Es könnte auch eine schummrige Bar sein, in der hier gejammt wird. Fiktiver Zigarettenrauch und Whiskyschwaden liegen in der Luft, ein Ambiente aus dem heraus, wie ganz nebenbei, die größten Jazz-Standards empor steigen.
Jazzpianistin Diana Krall mit rauchiger Stimme am Steinway, als wäre es schon vier Uhr früh, knapp bevor die Morgendämmerung einsetzt, stimmt den ersten Hit an: „Almost like Being in Love“, dem schon andere Größen wie Frank, Sinatra, Nat King Cole oder Shirley Bassey zu Weltruhm verholfen haben. Ganz in sich gekehrt und mit inniger Zuwendung drückt die weltberühmte Altstimme hier aus, worum es eigentlich in Wirklichkeit immer geht: die Liebe, die Sehnsucht, das Verlassenwerden und den Schmerz in zwischenmenschlichen Beziehungen.
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Und weil Diana Krall mittlerweile seit drei Jahrzehnten von kaum etwas anderem singt, nimmt man ihr diese zum Teil melancholischen Befindlichkeiten auch als sehr authentisch ab. Hat sie mit ihren zahlreichen Interpretationen und preisgekrönten Musikalben immerhin schon sechs mal die amerikanischen Billboard Charts angeführt, was keiner anderen Jazz-Interpretin vor ihr gelungen ist.
Frei nach dem Motto „Alles oder Nichts“ spielt sich Diana Krall im folgenden Welthit „All or Nothing“ quer über alle Oktaven am Konzertflügel, ein swingender Gassenhauer der Jazz-Literatur, der einem vor allem durch Frank Sinatra und Billie Holiday in Erinnerung bleibt.
Und so steht der ganze Abend unter dem Motto der Liebe in allen Variationen, wenn es weiter besinnlich unter die Haut geht mit Sinatras „Under my Skin“, oder einer hinreißend schönen, im Unterton sehr melancholischen Interpretation von Joni Mitchells „Nothing Can Be Done“.
Und weil scheinbar immer alles beim Alten bleibt, gerät letztlich der ganze Konzertabend in eine Aneinanderreihung von gut abgehangenen, bewährten Jazzstandards, wie „Just You“, „Other Words“ oder „Loveletters“. Einfühlsam interpretiert, mit etwas müden Untertönen, höchst professionell begleitet von zwei Urgesteinen ihres Fachs, dem US-amerikanischen Bassisten Sebastian Steinberg, der frei nach dem Motto „Der Sänger hat immer recht“ zutiefst untergeben und virtuos auf Diana Kralls einzigartige Interpretationen rythmisch eingeht. Ebenso wie Drummer-Koryphäe Matt Chamberlain, der seit Jahrzehnten zu den best gebuchten Schlagzeugern der Welt zählt und zu seiner Kundschaft so illustre Acts wie Elton John, David Bowie oder Jamie Cullum zählt.
Die kanadische Jazz-Ikone setzte am Linzer Domplatz also einmal mehr auf das Nachsingen von durchwegs vertrauten Standards aus dem Great American Songbook, instrumental wenig innovativ und auch in sängerischer Hinsicht nicht allzu kreativ, ihr dunkles Timbre läuft dabei Gefahr, in Eintönigkeit zu versinken.
Sie vermag damit aber ihren Fans eine poetisch-behagliche Atmosphäre zu verbreiten und den guten alten Swing aufleben zu lassen. Improvisation erscheint ihr als Jazz-Vokalistin jedoch zweitrangig zu sein, anders als vor ihr etwa einer Ella Fitzgerald.
Nichtsdestotrotz ein gelungener Auftakt von „Klassik am Dom“, der die Fans begeisterte, und der lauen Sommernacht inhaltlich absolut gerecht wurde.
Von Barbara Duftschmid