Wenn Götter mit Menschen spielen

Umjubelte Premiere von Hans Gáls Kammeroper „Die heilge Ente“ im Musiktheater

Einmal mehr hat das Opernstudio am Linzer Landestheater mit der Neuinszenierung einer nahezu vergessenen, jedoch hochkarätigen Oper einen Volltreffer gelandet. Auf dem Programm des Premierenabends stand Hans Gáls „Die heilige Ente“ aus dem Jahre 1923, eine Art satirische Märchenoper, mit der der österreichische Komponist seinerzeit einen riesigen Erfolg verbuchen konnte, ehe sie verboten wurde und Gál wegen seiner jüdischen Abstammung nach England emigrieren musste. Ein Schicksal, das Komponist und Werk mit anderen Erfolgsopern und Autoren wie Zemlinsky. Schreker und Korngold teilten.

In der gekürzten Fassung für Kammerorchester von Rainer Schottstädt erlebte das satirische Spiel der Götter mit den Menschen nun in der Blackbox des Musiktheaters eine umjubelte Neuauflage.

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Die Handlung verschlägt das junge Opernensemble dabei ins historische China, wo die Götter aus purer Langeweile massive Verwirrung unter den Menschen stiften. Auslöser ist eine Ente, die der diktatorische Herrscher, der Mandarin für ein Festmahl bestellt, die dann aber gestohlen wird und so den Verkäufer, den Kuli Yang in höchste Lebensgefahr durch die Todesstrafe bringt.

So entwickelt sich unter der Regie von Gregor Horres ein zynisches, schwarz-humoriges Verwirrspiel um Recht und Ungerechtigkeit, Macht und Ohnmacht, die Kraft der Liebe, sowie die Sucht nach Flucht mit Opium und ziemlich schräge Götter, die ihrerseits die Macht nicht abgeben wollen.

Mit seiner Oper hatte Komponist Hans Gál den damals bereits aufziehenden Faschismus im Blick, den er durch die schonungslose Gewaltherrschaft des Mandarins zum Ausdruck bringt. Im Musiktheater brilliert in dieser Rolle ein virtuoser Martin Achrainer, der als sonorer Bariton stimmgewaltig und schauspielerisch gewandt, einen stets Alkohol- und Opium geschwängerten Herrscher gibt, dem man seine Unmenschlichkeit in jedem Augenblick ansieht.

Der Kuli Yang wird mitreißend und ausdrucksstark von Tenor Martin Enger Holm gegeben, der sich vom einfachen Entenzüchter, der zunächst unbeholfen agiert, zum reifen Mandarin und Entenbonzen entwickelt, wobei er als Sänger gekonnt verklärte und heroische Passagen abliefert. Die Rolle der Li, des Mandarins Ehefrau übernimmt Saskia Maas mit ihrem makellos perlenden, jugendlich frischen Sopran.

Eine Tänzerin ist Xiaofang Zhao mit angenehm expressivem Sopran. Ihr Gaukler wird von Christoph Gerhardus mit wuchtigem Bariton bewältigt, derweil Felix Lodel dem Bonzen mit seinem voluminösen, dunklen Bass Authentizität verleiht. Génesis Beatriz López Da Silva ist mit höhensicherem Mezzosopran der Haushofmeister. Einer der Stars des Abends ist freilich die lebensgroße tollpatschige Entenfigur, die von Brigitte Zagor hinreißend zum Leben erweckt wird.

Gregor Horres inszeniert die Oper als gelungene Parabel auf Menschenschicksale, die opulenten Gewänder der Protagonisten von Bianca Sarah Stummer nehmen treffend Anleihe am Show-und Revue-Glitter der 1920er Jahre, in denen die Oper uraufgeführt wurde. Als raumfüllendes Bühnenbild hat Elisabeth Pedross eine Konstruktion auseinander kreuzenden Holzstegen gewählt, die von drei Götterthronen flankiert wird, welche an Stargates erinnern.

Im rechten Bühnenraum ist zentral das großartige Kammerensemble des Linzer Brucknerorchesters angesiedelt, das unter der Leitung von Ingmar Beck eine schnörkellose Version zeitgenössischer Opernmusik aufführt, stets am Punkt, klar und ohne viel Verzierungen.

Alles in allem eine moderne, zeitgemäße und musikalisch äußerst gelungene Opernpremiere in der Blackbox also, die vom zahlreich erschienenen Publikum lauthals mit viel Jubel und langanhaltendem Applaus gefeiert wurde.

bduft