Bei vollen Reihen gedachte man an das Sakralwerk Bruckners und platzierte das laufende Brucknerfest am Donnerstag in den Linzer Mariendom. Wo Bruckner zwar nie an der Orgel wirkte oder als Komponist in Erscheinung trat, aber etliche seiner Werke unmittelbar mit dem Sakralbau verbunden sind. Zu Gast war das renommierte Ensemble Vocal de Lausanne unter Daniel Reuss.
Im Mittelpunkt des Programms stand Bruckners e-Moll Messe, die zweite der drei großen Messkompositionen, unterbrochen von einigen Motetten, deren Einlage Bruckner selbst als solche in die Messe eingefügt haben wollte.
Bei diesen handelt es sich teils um Auftragswerke oder Widmungsstücke zur Erweiterung der Messteile, die ohnehin für Aufführungen konzipiert sind, die weit über den Rahmen für den üblichen Gottesdienst im liturgischen Raum hinausragen.
Bruckner wollte seinen Rang als Sinfoniker immer an erster Stelle anerkannt wissen. Hier waren durchaus sinfonische Merkmale in seiner sakralen Musik nicht verborgen, der typische Brucknerstil blieb unverkennbar. Er schlug sich auf die archaisierenden Elemente nieder wie Choralzitate, Kirchentonarten, musikalisch-rhetorische Figuren oder Tonartensymbolik. In seinen vokalen Sakralwerken drückte sich Bruckner in seiner musikalischen Muttersprache aus und stand in einer Gebetshaltung seinem Schöpfer gegenüber.
Die e-Moll Messe WAB 27 mit Verzicht auf eine Streicherbesetzung und solistische Sänger lässt die Tiefen der Seele und die Höhe des Herzens klingen in den großangelegten Chören der Tenöre und Bässe und in den 15 Holz- und Blechblasinstrumenten. Bruckner schrieb sie 1866, gefolgt von mehreren Revisionen zur Einweihung der Votivkapelle des Mariendomes bis zur erfolgreichen Uraufführung 1869.
Unterstützt vom Chorhaus Frohsinn und Bläsern der Bruckneruni
Ihr klar strukturierter formaler Aufbau, die würdige Ausdeutung der Textworte, die wunderbar strömende Harmonik fanden durch das vokal und instrumental gastierende Ensemble aus Lausanne zu einer ehrenden Wiedergabe. Verstärkt wurden sie durch die Herren des Linzer Chorhauses Frohsinn und Bläser der Bruckneruni.
Imponierende Pultsouveränität
Der Niederländer Daniel Reuss (63), fachlich ausgezeichnet durch eine Vielzahl von Tonträgeraufnahmen, die ihn auch als Experten Alter Musik auszeichnen, beherrschte den akustisch nicht leichten Umgang mit dem Klangvolumen zwischen Nachhall und Stille mit imponierender Pultsouveränität.
Die metrisch exakt definierten Generalpausen bei der Kirchenaufführung dienten hier als Gestaltungsmittel. Als Debütanten in Linz wirkten Pierre Alpin und Samuel Moreno (Tenor und Bass) mit und Gerhard Raab an der Domorgel glänzte als erfindungsreicher Improvisator mit Bruckner-Themen an der Domorgel. Der Applaus war nicht mager, verabschiedete aber das Publikum in andächtiger Stimmung.
Von Georgina Szeless