Wien Modern ehrt Schönberg mit Stationentheatermarathon

Annette Schönmüller als leidende Mathilde im Secessionsfoyer © APA/Wien Modern/Markus Sepperer

Noch läuft das Jubiläumsjahr zu Ehren von Arnold Schönbergs 150. Geburtstag, auch wenn das nahende Strauss-Jahr bereits seine Schatten vorauswirft. Und auch wenn der Zwölftöner für Wien Modern ja eigentlich schon als alter Hut erscheint, hat das Neue-Musik-Festival eine der größten Ehrungen für den Jahresjubilar im Programm. Am Mittwoch feierte Teil 1 von „Arnold Elevators“ Uraufführung – einem Stationentheatermarathon des deutschen Komponisten Manos Tsangaris.

Dabei steht der nach Schwarzenegger weltweit zweitbekannteste österreichische Arnold als Person im Fokus, weniger der Tonsetzer Schönberg. Und so wimmelt es in der Secession, dem Schauplatz des ersten Abends, geradezu vor Arnolden und Mathilden, also Schönberg-Gattinnen, wenn Tsangaris sich in sechs Szenen unter dem Titel „Blicke“ dem Geburtstagskind nähert.

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Alles beginnt in den schummrigen Eingeweiden des Secessionsbauches, von dem aus sich das Publikum im Haus verteilt. Der 67-jährige, frisch inthronisierte Präsident der Berliner Akademie der Künste hält die Szenerie dabei stets im Halbschatten. Das kleinste Format, Hyun-Jung Berger am Solocello, ist im größten Raum positioniert, der Ausstellungshalle. Berger entlockt ihrem Instrument Vogellaute und Bassriffs, zieht angesichts der exaltierteren Szenen drumherum akustisch jedoch den Kürzeren.

Eine der Mathilden (Annette Schönmüller) leidet im Foyer in einen Fadenwald verstrickt, der verschiedene Schellen auslöst, von Percussion und zwei Streichern flankiert. Einer der Arnolde hingegen ist Shootingstar Valentin Postlmayr, der mit Mathilde 3 (May Garzon) auf einer der fahrbaren Arbeitsplattformen unter dem Glasdach über den Blick sinniert. Tsangaris setzt dabei primär auf Originalzitate und grundierende Bläserakkorde. Der Lastenaufzug wird mit Thomas Frey an der Flöte und das kleine „Kammerl“ im Keller mit Sopranistin und Performer (Friederike Kühl und Michael Tiefenbacher) bespielt.

Vom Keller bis zum Dach ist also jede Verästelung der Secession im Einsatz. Das alles ist dabei durchaus stimmungsvoll und führt den Besucher in Ecken, zu denen man ansonsten selten Zutritt hat. Zugleich wirkt das Ganze vertraut, letztlich unspektakulär. Doch gerade, wenn man dies denkt, beginnt in der Bibliothek die „Straßenmusik“, bei der man von Sitzreihen aus durch die Fenster das Verkehrstreiben am Getreidemarkt beobachtet, das als Soundkulisse eingespielt wird.

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Nach einer ganzen Weile schält sich aus dem Gewusel der Straße eine Stimme heraus, die sich als einer der Arnolde entpuppt (Rupert Lehofer) – mit Pudelmütze und roten Handschuhen. Begleitet von Klarinette und Trompete, die ebenfalls von der Straße hereingespielt werden, während hinter den Köpfen der Bibliothekszuschauer Cello und Bass spielen. Hier entfaltet sich ein wirklich immersives, multiperspektivisch-akustisches Hörerlebnis, das mit Witz neue Eindrücke bietet und verdient hätte, ausgebaut zu werden.

Während der Teil „Blicke“ nun noch bis 15. November gespielt wird, folgt zwischen 19. und 21. „Schönes Wetter in Gmunden“ im Musikverein, während zeitgleich „Double Portrait with Arnold“ im Konzerthaus gespielt wird. Und schließlich gibt es noch drei „Metabolische Salons“ mit Performances und Gesprächen im Schönberg Center. Wenn das der echte Arnold noch erlebt hätte!

(Von Martin Fichter-Wöß/APA)

wienmodern.at