Wiener Nachtclub-Konferenz fördert internationalen Austausch

Nächste Woche wird der Tag zur Nacht: Bei der ersten „Vienna After Dark“-Konferenz steht von 14. bis 16. November nämlich das Clubleben im Fokus. Veranstaltet von der Vienna Club Commission (VCC), gibt es drei Tage lang die Möglichkeit zum internationalen Austausch mit etlichen Keynotes, Diskussionen und Workshops. „Was das Nachtleben betrifft, sind wir städteübergreifend mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert“, so Martina Brunner von der VCC.

Sie war schon beim 2020 gestarteten Pilotprojekt dabei und leitet die Club Commission seit 2022 mit ihrem Kollegen Thomas Heher. Mit der Nachtclub-Konferenz will man nun der heimischen Szene die Möglichkeit bieten, von internationalen Vorbildern zu lernen. Zentrale Problemstellungen sind schnell benannt. „Jede Stadt kennt es: Lärmkonflikte, Gentrifizierungsthemen, Teuerung und Veränderung im Publikumsverhalten“, zählte Brunner im APA-Gespräch auf. Wurden andernorts bereits Lösungsansätze dafür gefunden, könne man sich daran orientieren.

Für Heher soll die Konferenz auch als Ort der Inspiration dienen: „Wie sind Herangehensweisen, wie Zusammensetzungen, wie funktioniert es woanders? Das fängt an auf kleinster Clubebene beispielsweise bei der Türpolitik und reicht bis in die Verwaltung.“ Diese spiele für das Nachtleben klarerweise eine bedeutende Rolle, was die Rahmenbedingungen betrifft. „All das funktioniert auf so vielen unterschiedlichen Ebenen, wo man sich Sachen abschauen kann und den Austausch direkt vor der Tür hat.“ Daher auch der Wunsch, dass die lokale Branche „diese Chance wahrnimmt, das alles Freihaus geliefert zu bekommen“.

Dass die Politik auf die VCC höre, habe sich etwa in der geplanten Novelle des Veranstaltungsgesetzes gezeigt. Vom vorgesehenen Schutz historischer Orte profitiere etwa die Arena, die zuletzt mit Anrainerbeschwerden zu kämpfen hatte. „Das ist definitiv Vermittlungsarbeit, die wir in den letzten Jahren gemacht haben“, nickte Brunner. „Auch dass Awareness im Veranstaltungsgesetz verankert wurde, was als Bedürfnis stark aus der Szene heraus kam. Alle sind bemüht und sehen auch die Notwendigkeit, hier Sicherheitsauflagen auszubauen.“

Die Zusammenarbeit mit der Stadt Wien funktioniere aus Sicht der VCC sehr gut. „Es war vor zwei Jahren schon ein großes Aufschauen, dass das Geld in die Hand genommen und diese Institution eingerichtet wurde“, betonte Heher. Die mögliche Befürchtung, dass sich das Engagement damit erledigt hätte, habe sich nicht bewahrheitet. „Die Stadt arbeitet auf allen Ebenen mit uns, das heißt, was wir aus der Szene herantragen, die Problemstellungen, die wir ausformulieren, oder die Problemfelder, die wir identifizieren.“ Es sei großartig, damit auf „offene Ohren“ zu stoßen, wobei die VCC als „Sprachrohr und Mediator“ fungiere. Ein Beleg dafür sei auch die Finanzierung der Club Commission aus den Geschäftsfeldern Wirtschaft, Soziales und Kultur. „Es geht also nicht darum, dass nur der Kulturaspekt der Szene geschätzt wird, sondern auch der Wirtschaftsfaktor“, so Heher. „Und so gibt es natürlich auch andere Hebel.“

Ihre Bedeutung als kreatives Spielfeld habe die Clubszene jedenfalls trotz aller Widrigkeiten der vergangenen Jahre (Stichwort Corona) nicht eingebüßt. „Subkulturen waren immer schon sehr progressiv und gesellschaftskritisch, das hat sich auch fortgeführt“, betonte Brunner. „Eine Aufgabe der VCC ist auch, dass Subkulturen nach wie vor nachkommen können. Wenn die Rahmenbedingungen, die Regulierungen so konstruiert werden, dass sich Kreativität gar nicht richtig entfalten kann, wird es schwierig. Wer kann denn heute überhaupt noch einen Club aufmachen und sich einen Raum leisten?“

Hier liege es am Gesetzgeber, nicht durch Überregulierung zusätzliche Schikanen einzubauen. „Die Clubkultur will ja eine Alternative sein dazu, was sonst die Alltagsstruktur bietet. Sonst besteht die Gefahr, dass sich alles in den Mainstream entwickeln muss“, gab Brunner zu bedenken. Das hieße letztlich auch: Alles wäre kommerzieller ausgerichtet, Ticket- und Getränkepreise entsprechend erhöht. „Dann stellt sich schon die Frage: Wer kann sich Clubkultur überhaupt noch leisten?“

Über dem Berg sei die Szene jedenfalls noch nicht, unterstrich Heher. „Die Spannung ist bei Weitem noch nicht draußen, der Peak wurde noch nicht erreicht. Viele versuchen heute noch, von etwaigen Rücklagen zu zehren. Dass die Inflation langsam abgeschwächt ist, kommt ja noch lange nicht bei den Clubs an.“ Es werde dauern, bis das Publikum wieder im entsprechenden Ausmaß unterwegs sei. „Da sind noch drei Schritte dazwischen.“ Der Club sei heutzutage jedenfalls nicht mehr Ort des Exzess, stünde doch das soziale Gefüge im Vordergrund, gab Brunner zu bedenken. „Es besteht einfach ein anderes Gesundheitsverhalten. Die Leute wollen sich im Club treffen und Kulturprogramm sehen.“ Letztlich würden diese Orte „dem Nachtleben ja auch eine gewisse Art von Struktur“ geben. Und das gelte es zu sichern.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

viennaafterdark.at

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