Wo Tod und Teufel mit Faust und Jedermann tanzen

Premiere auf Schloss Neuhaus: NordwaldKammerspiele spielt „Bauer, Tod und Teufel“, Mysterienspiel von Hans Reinthaler

Ein bisschen Faust, und ganz viel Jedermann stehen als mächtige Paten über dem gereimten Bauerndrama. © Eva Hammer

„Ich wünsche Ihnen einen unvergesslichen Abend“ eröffnet der Obmann der NordwaldKammerspiele Karl Lindorfer die heurige Großproduktion der NordwaldKammerbühne aus Putzleinsdorf mit dem Mysterienspiel „Bauer Tod und Teufel“, zu Musik von Claudia Federspieler mit dem großartigen Nordwaldkammerorchester und Chor vüSTIMMIG.

Der Wunsch des Obmanns, auf der Bühne Altbauer, erfüllt sich schon bei der Vorpremiere – unvergesslich dieser Abend auf Schloss Neuhaus an der Donau in der Gemeinde St. Martin im Mühlkreis. An die 300 Personen arbeiten an der Produktion, alle Rollen sind doppelt besetzt (Besetzung laut Vorpremiere), örtliche Vereine und Feuerwehren wirken mit, Zelte für Bewirtung wurden errichtet, Parkplätze geschaffen.

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Schlossführung vor der Vorstellung möglich

Schon vor der Vorstellung überwältigt der Blick über die Donau.  Wer sich bereits um 18 Uhr einfindet, (Vorstellungsbeginn 20 Uhr) kann an einer Schlossführung durch die sonst private Liegenschaft teilnehmen, mit ein wenig Glück durch Hausherrn Otto Plappart selbst, dessen Familie 1918 die schon im 12. Jahrhundert erstmals erwähnte Burganlage erwarb, als Nachfolger von Passauer Bischöfen, Raubrittern, Bayernkönigen bis zur Familie Thurn und Taxis.

Tod und Teufel fuhrwerken im oberen Hof vor dem gotischen „alten Schloss“. Der weite Blick im Abendlicht über die Donau von Aschach bis weit westwärts öffnet das Herz für den Totentanz um die Übergabe des Erbhofs.

Ein bisschen Faust, und ganz viel Jedermann stehen als mächtige Paten über dem gereimten Bauerndrama.  Mit einer Vorrede führt als Totengräber Josef Wöhrer in das Spiel im Spiel. Ihm folgt mit Fiedeln und Flöten eine fahrende Gauklertruppe mit feiner Volksmusik in der schon kleine Dissonanzen vom Kommenden künden.

Bläser und eine allegorische Entourage aus Zorn, Geiz, Streit und Lieblust fahren auf einer Kutsche samt ihrem Meister alias Mephisto, oder auch Teufel zum Tor herein. Sogar ein echter Pudel bekommt einen symbolträchtigen Auftritt. Böses ahnt bereits das bäuerliche Gesinde vom „Unhold, der da steht, und nach unserm Hofe späht“.

Der teuflische Handel geht in dem Fall um drei Schaufeln bäuerlicher Erde gegen Unterhaltung beim Fest zur Hofübergabe. Aktuell kein unpassender Deal, schließlich gilt Spaßhaben als wesentlicher Teil einer Work-Life-Balance. Da nutzen die Unkenrufe der Altvorderen, jener Fleißigen und Tüchtigen, nichts, und auch die Zurufe des trägen Geizes oder der Teuferl verhallen.

Zeitgemäß lebt der Jungbauer über seine Verhältnisse, und siehe da, nach einer Weile machen alle mit. Doch wehe, wehe – nach der Pause gehts ans Eingemachte. Da türmen sich Vorwürfe zur Selbsterkenntnis.

Bezirkshauptmann wächst als Mephisto über sich hinaus

Valentin Pühringer – hauptberuflich Bezirkshauptmann von Rohrbach – als Meister-Mephisto spielt sich warm. Vor den Augen des Altbauern und des Totengräbers wächst er über sich hinaus, befeuert den zentralen Konflikt der Generationen mit seiner Kraft, die nach viel Bösem dann doch das Gute schafft.

Symbolik vom Alten Testament, bis Sigmund Freud umrahmt die treffliche Musik des Nordwaldkammer-Orchesters. Da schwingen Sensen, der Knochenmann kommt mit seiner Sanduhr, und der Teufel breitet seinen schwarzen Umhang über dem Altbauern aus „und übrigens, es ist an dem, dass ich dir bald den Atem nehm“, doch schließlich gewährt er dem Altbauern noch ein Jahr Aufschub. Zeit für ein finales verbales Gefecht zwischen Vater und Sohn (eindrucksvoll Jungbauer Fabian Raml) und letzten Endes Versöhnung.

Das ambitionierte Projekt, den gereimten Text den Amateuren in den Mund zu legen, gelingt. Der Regisseur bekennt sich zum Pathos, wuchtig wogen schicksalsträchtige Wortkaskaden durch den Schlosspark, treffen bäuerliches Gesinde wie Publikum.

Im Hintergrund lauern Zorn (Samson Rothbauer), Steit (Pauline Simmel) Geiz (Hans Kehrer), der zugleich die Trägheit verkörpert, und allerlei teuflisches Gesindel (eine optische Bereicherung ist die quirlige Nordwaldkammer-Kinderschar).

Autor Hans Reinthaler (geb. 1905), selbst aus Kleinbauerntum, verarbeitet 1943 seine Eindrücke zu „Bauer, Tod und Teufel“, uraufgeführt 1947 am Volkstheater Urfahr. Eine Inszenierung am Burgtheater scheiterte in den Nachkriegswirren.

Die Aufführung des Mysterienspiels 1975 drang so tief in Herz und Seele des damaligen Buben und jetzigen Regisseurs Norbert Huber (Co-Regie Konstantin Sales Huber), dass er nun alle Register zieht, um seine Sicht der Läuterung von Vater und Sohn, mit seiner Sicht auf Tod und Teufel weiterzutragen.

Die Spielstätte bietet Platz für 600 Gäste. Dauer der Aufführung ca. 140 Minuten mit Pause. Es gibt sieben weitere Vorstellungen bis 3. August, zwei zusätzliche wurden bereits angekündigt. Es gibt noch Restkarten. Infos und Karten: www.bauertodundteufel.at

Von Eva Hammer