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Zwischen körperlicher Nähe und beruflicher Distanz
Der Linzer Filmemacher Anatol Bogendorfer wirft in seiner Doku „Corpus Homini“ einen empathischen wie respektvollen Blick auf die Arbeit mit Menschen
Online seit:
Es ist eine Hebamme, eine Ärztin, eine Sexualbegleiterin und ein Bestatterpaar, deren Arbeitswelten der Zuschauer im Dokumentarfilm „Corpus Homini“ von Anatol Bogendorfer (Jg. 1979) erlebt. Filmstart in heimischen Kinos ist im November.
VOLKSBLATT: Wie ist die Idee zu diesem Dokumentarfilm entstanden?
ANATOL BOGENDORFER: Menschen mit Berufen, die mit fremden Körpern zu tun hatten, mussten im Mittelalter außerhalb der Stadtmauern leben, also der Bestatter, der Bader, die Hebamme, die Prostituierten und der Henker. Im Anhang einer Studie der Universität Oxford fand ich eine Liste mit Berufen, die ziemlich sicher nie aussterben werden und da standen genau jene ganz oben, die mit Menschen auf emotionaler oder körperlicher Ebene in Kontakt kommen. Das fand ich bemerkenswert, dass jene, die früher zu den unehrenhaften Berufen zählten, irgendwann die sein werden, die unersetzbar sind. Und die wollte ich mir in der Jetztzeit noch einmal anschauen.
Welche Botschaft möchten Sie vermitteln?
Es geht um Wertschätzung Menschen gegenüber, die im Spannungsfeld zwischen körperlicher Nähe und Intimität und einer beruflichen Distanz arbeiten, denen nicht so oft Aufmerksamkeit geschenkt wird, die aber ganz essenziell sind und die auch an besonderen Schnittstellen des Lebens.
Sie spüren in Ihren Filmen sehr empathisch Intimität nach. Was motiviert sie dazu?
Das Zwischenmenschliche interessiert mich sehr, der Mensch per se, Distanz und Nähe. Auch mit der Kamera tritt man in ein Nahe- oder Distanzverhältnis. Wir haben lange Zeit ein Konzept überlegt, wie wir diesen schmalen Grat erwischen, dass man nix ausspart und gleichzeitig nix ausstellt, also keinen Voyeurismus betreibt. Dafür muss man vorher Vertrauen aufbauen. Das und ein würdevoller Umgang ermöglichen so einen Film erst.
Wie haben Sie Ihre Protagonisten gefunden?
Dem ist eine lange Recherche vorangegangen. Es sollten Menschen sein, die authentisch sind. Ich habe viele persönlich getroffen, mit einigen gab es Probedrehs.
Die Ärztin, mit der wir dann gedreht haben, ist ebenso wie die Hebamme sehr authentisch, sehr geradlinig, sympathisch und empathisch. Der Bestatter ist ein Raubein, keiner, der etwas beschönigt und das hat mir gefallen, denn das hat auch mit Authentizität zu tun. Vielleicht schafft sich jemand über so eine Art auch eine Distanz zu dem, was er macht. Kitsch wollte ich auch keinesfalls haben. Alle haben einen sehr geradlinigen Zugang.
Warum sind Ihre Protagonisten vorwiegend weiblich?
Das ist schon ein Bereich, den man ein bisschen unter Care-Arbeit subsumieren kann, da geht es ums Kümmern und da wollte ich eigentlich nicht sofort das Klischee bedienen, dass da nur Frauen arbeiten. Gleichzeitig gibt es bei diesen Berufen auch ein Problem: Ich wollte keinen Gott in Weiß haben und ausgerechnet bei den Hebammen einen Mann zu nehmen, wäre verbogen gewesen. Bei der Sexarbeit ist es nicht unähnlich.
Hat die Arbeit am Film Ihren Umgang mit Dingen wie Leben, Tod oder Sexualität verändert?
Mein weltanschaulicher Zugang hat sich nicht verändert, aber ich habe noch mehr Respekt diesen Berufen gegenüber entwickeln dürfen. So ein Dokumentarfilm bringt auch Erkenntnisgewinn für einen selber, ich weiß jetzt viel über diese Berufe. Ich könnte jetzt etwas über die Handhabung von toten Menschen sagen. Und als Mensch, der keine Kinder hat, bei einer Geburt dabei sein zu dürfen, ist schon etwas ganz Besonderes.
Ein Beruf, den Sie porträtieren, nennt sich Sexualbegleiter. Was versteht man genau darunter?
Sexualbegleiter ist im Idealfall jemand mit Ausbildung, der sexuelle Dienstleistungen für alte Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen anbietet. Dafür gibt es eine Ausbildung bei der Volkshilfe und Lehrgänge von der Caritas. Das ist so rührend, was da für Geschichten auftauchen, Menschen, die einfach nur dankbar sind, eine Berührung zu erfahren. Der Wunsch nach Sexualität ist legitim und damit auch dieser Beruf. Es geht aber auch im Allgemeinen um einen ein bissl ehrlicheren Umgang mit diesem Thema.
Wie sind die Reaktionen auf den Film, der bei der Diagonale Premiere gefeiert hat und schon bei Crossing Europe gezeigt wurde?
Vereine, die in diesem Bereich arbeiten, wie Senia kontaktieren uns jetzt im Zuge des Filmstarts, weil das ein Thema ist, nur die Gesellschaft spricht halt nicht drüber. Die sind sehr dankbar dafür, dass sich jetzt ein Film ohne Stereotype und Klischees damit beschäftigt und das auch in Zusammenhang mit anderen, als seriös betrachteten Berufen gebracht wird. Wir veranstalten auch Gespräche mit Experten in allen Bundesländern nach der Filmvorführung.
Ich habe eine Kritik gelesen, in der es hieß, Ihre Arbeit erinnere an jene von Ulrich Seidl.
Das ist ein Kompliment für mich, das ist ein großartiger Filmemacher. Allerdings sind die Menschen definitiv weniger ausgestellt bei uns. Ich habe schon einen anderen Zugang, da geht es schon darum, wie man mit Menschen arbeitet und mit ihnen umgeht.
Auf der Premierentour wird „Corpus Homini“ am 11. November im City Kino Steyr, am 12. November im Programmkino Wels, am 13. 11. im Moviemento Linz, am 16. 11. im Kino Ebensee, am 18. 11. Im Kino Katsdorf, am 19.11. im Kino Freistadt, am 20.11. im Kino Grein und am 21.11. im Kino Lambach gezeigt.