Autonomes Fahren: Durststrecke dürfte noch anhalten

Rund jedes zehnte im Jahr 2035 produzierte Fahrzeug hochautomatisiert - Menschliche Fahrer derzeit noch überlegen - Internationale Konferenz in Wien

Die Erwartungen an einen raschen Siegeszug von autonomen Fahrzeugen haben sich nicht bewahrheitet. © RioPatuca Images - stock.adobe.com

Die Erwartungen an einen raschen Siegeszug von autonomen Fahrzeugen haben sich nicht bewahrheitet. Man sei zu optimistisch gewesen und müsse – neben allen technischen Herausforderungen – mit dem Fokus auf Sicherheit eine Vertrauensbasis bei den Konsumenten schaffen, erklärten Experten bei einer internationalen Konferenz der Initiative „The Autonomous“ am 24. September in Wien.

Fahrzeuge ab Level 3, also hochautomatisiertem Fahren, bei dem man die Augen von der Straße nehmen und beispielsweise nebenbei Lesen darf, würden bis zum Jahr 2035 erst 11 Prozent der weltweit produzierten Autos ausmachen, verwies Dirk Linzmeier, Chef der auf autonomes Fahren spezialisierten Wiener Softwareschmiede TTTech Auto, auf aktuelle Prognosen.

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Bis 2040 wird ein Anstieg auf 25 Prozent vorhergesagt. „Das wird nur stattfinden, wenn wir sichere Systeme bauen“, so Linzmeier. Menschliche Fahrer seien diesbezüglich derzeit noch immer überlegen.

Ab Level 3 werde die Sache sehr komplex – vor allem bei höheren Geschwindigkeiten oder nicht klar beschreibbaren Umgebungen – und auch sehr teuer, sagte der Manager. Ein weiterer Grund für die holprige Entwicklung sei die Ansicht mancher Hersteller, vorerst mehr an einem System zu verdienen, das den Fahrer unterstützt.

Roboter-Taxis würden ein gewisses Gefährdungspotenzial darstellen, wenn man ein Fahrzeug nicht mehr besitzen müsse, sondern „einen Knopf drückt, das Robo-Taxi kommt und kaum noch etwas kostet. Die Parkplatzsuche fällt auch weg“.

Eine branchenweite Zusammenarbeit sei vor allem beim Thema Sicherheit sehr wichtig, „weil ein Unternehmen alleine diese Herausforderungen nicht bestmöglich lösen kann“, ergänzte Ricky Hudi, Vorsitzender der Plattform „The Autonomous“, die 2019 von TTTech Auto ins Leben gerufen wurde.

Versucht wird dabei ein Ökosystem aller Akteure – von Automobilherstellern über Technologiezulieferern bis zu Regulierungsbehörden – aufzubauen, die an der Entwicklung sicherer autonomer Mobilität beteiligt sind. Dies sei auch im Hinblick auf die Akzeptanz wichtig. Rund 60 Prozent der Europäer würden derzeit kein autonomes Fahrzeug kaufen, so Linzmeier.

Die aktuellen Schwierigkeiten in der Autoindustrie seien natürlich ein dämpfender Faktor für die Entwicklung. Weniger Geld bedeute weniger Investitionen in Innovationen. Für TTTech, das in den vergangenen Jahren in die Riege der „Unicorns“ – junge Unternehmen mit einem Wert über einer Milliarde Dollar – aufgestiegen ist, seien die Verzögerungen nicht entscheidend. Auch Level-2-Systeme seien sicherheitskritisch, weshalb man für sie spezielle Software benötige, „und die liefern wir“.

Man habe derzeit bereits vier Millionen entsprechend ausgestattete Fahrzeuge auf der Straße. Zum Umsatz wollte sich Linzmeier nicht äußern, verwies aber auf ein „gutes Wachstum in den vergangenen Jahren“. Der Mitarbeiterstand sei stabil, ein Börsengang stehe „jetzt noch nicht“ zur Debatte.