In der Vorweihnachtszeit können viele Menschen den Verlockungen der selbstgebackenen Kekse nicht widerstehen. Dem Martini-Gansl folgt der Festtagsbraten. Als Folge von ungesunder, fett- und zuckerreicher Ernährung schrillen die Alarmglocken, wenn die Cholesterinwerte aus dem Ruder laufen.
In Österreich leidet etwa ein Viertel der Bevölkerung an einem genetischen Risiko für zu hohe Cholesterinwerte. „Dabei ist ein Cholesterinspiegel, der medikamentös behandelt werden muss, eher selten. So hat beispielsweise nur einer von 250 Menschen einen Defekt im LDRL-Gen, das normalerweise für ein ausgeglichenes Blutfettlevel verantwortlich ist. Aber 40 Prozent der Betroffenen haben schon im Alter von 50 Jahren erhebliche Herz-Kreislauf-Probleme“, erklärt Genforscher Daniel Wallerstorfer.
Der Experte erforscht mit seinem Unternehmen NovoDaily seit Jahren den Zusammenhang zwischen Genen, Ernährung und Gesundheit. Er warnt: „Eine genetische Veranlagung zu erhöhten Cholesterinwerten ist verbreiteter, als viele annehmen. Tatsächlich trägt so gut wie jeder Mensch die eine oder andere ungünstige Genvariante in sich.“
Mit der richtigen Ernährung können aber auch sie ihr Cholesterinniveau ins Gleichgewicht bringen. Eine beliebte Maßnahme ist Fischöl. „Zwar verbessern Omega-3-Fettsäuren, wie sie in Fischöl vorkommen, bei vielen die HDL-Cholesterinwerte signifikant, doch bei Menschen mit zwei defekten APOA1-Genen zeigen die Fettsäuren keinen Effekt und können die Werte sogar verschlechtern“, weiß Wallerstorfer.
Welche Nährstoffe den Cholesterinspiegel regulieren, hängt von den Genen ab und ist hochgradig individuell. „Gerade im Winter, wenn oft fettreicher gegessen wird, ist es wichtig, die eigene Veranlagung zu kennen“, erklärt der Genforscher.
„So lässt sich feststellen, ob bestimmte Gendefekte vorliegen und welche Nährstoffe dabei helfen können, die Blutfettwerte zu regulieren – oder in manchen Fällen sogar schaden.“ Eine Genanalyse gibt dabei wertvolle Einblicke in die persönliche Veranlagung und hilft, solche Defekte zu erkennen, um gezielt gegensteuern zu können.
Wie verbreitet ist hohes Cholesterin wirklich?
„Cholesterin ist nicht grundsätzlich schlecht. Im Gegenteil: es ist lebensnotwendig. Deshalb produziert unsere Leber täglich ein Gramm davon“, erklärt Wallerstorfer. „Zusätzlich nehmen wir etwa 300 Milligramm täglich über die Nahrung auf. Bei einem Überschuss drosselt der Körper die eigene Produktion oder scheidet die überschüssigen Blutfette aus.“
Dazu sind wir mit einem komplexen System aus Genen, Proteinen und Fetten ausgestattet, das die Blutfettregulierung steuert. Dennoch ist hohes Cholesterin stark verbreitet und scheint mit dem Alter zuzunehmen.
„Tatsächlich schlummert in vielen von uns eine Reihe von Gendefekten und –varianten, die verschiedene Aspekte der Blutfette beeinflussen und Cholesterinwerte verschlechtern können“, deckt der Genforscher auf.
„Bei etwa 60 Prozent der Bevölkerung liegt beispielsweise ein Defekt im SREBF2-Gen vor. Dieses wirkt wie die Ampel in der Straßenkreuzung, die bei der Cholesterinregelung für Ordnung sorgt. Ist es nicht voll funktionsfähig, gerät der Cholesterinspiegel aus dem Ruder. Folglich steigt auch das Herzinfarktrisiko. Ein weiterer Defekt im CETP-Gen betrifft ebenfalls 60 Prozent und sorgt hingegen für niedrige Werte des ‚guten‘ HDL-Cholesterins, was das Gleichgewicht der Blutfette stört“, so Wallerstorfer.
Ärzte und Ernährungsberater empfehlen häufig Omega-3-Kapseln, da sie mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA) enthalten. Diese sind als gesundes Fett bekannt und kommen vor allem in Fisch vor. PUFA unterstützen den Fettstoffwechsel und können die Blutfettwerte positiv beeinflussen.
Doch während sie einigen Betroffenen bei der Regulierung ihrer Cholesterinwerte helfen, können sie anderen sogar schaden. Der Experte klärt auf: „Die Studien zur Wirkung von PUFAS, bzw. Omega 3 Kapseln auf das Cholesterin sind sehr widersprüchlich. Manche Studien zeigen einen positiven Effekt, andere einen negativen. Tatsächlich liegt die Antwort wie so oft in den Genen, konkret beim APOA1-Gen.
Etwa ein Drittel der Bevölkerung trägt mindestens eine defekte APOA1-Genkopie in sich. Für diese Personen können PUFA hilfreich sein: Ihre HDL-Cholesterin-Werte, in anderen Worten das ‚gute Cholesterin‘, verbessern sich deutlich bei der Einnahme von Omega-3. Doch bei Menschen mit zwei defekten APOA1-Genen sieht es anders aus. Hier haben zusätzliche Omega-3-Fettsäuren keinen positiven Effekt– und in einigen Fällen verschlechtern sich die Werte sogar“, sagt Wallerstorfer.
Lebensmittel mit wirksamer Alternative
Ob eine Behandlung bedenklicher Cholesterinwerte mit Fischöl-Kapseln wirksam ist, hängt von der APOA1-Variante ab. Insofern sind sogenannte Fettfische wie Lachs und Hering besonders für Menschen mit funktionierenden Genen nützlich, um die Cholesterinwerte ins Gleichgewicht zu bringen. Betroffene mit zwei defekten APOA1-Genen sollten aber lieber zu anderen Maßnahmen greifen. Besonders für Vegetarier, die keine tierischen Nahrungsergänzungsmittel möchten, gibt es eine pflanzliche Alternative: Phytosterol, das “Pflanzliche Cholesterin”.
Der Stoff steckt in den Zellmembranen von Pflanzen und ist mitunter in Mandeln, Leinsamen, Kürbiskernen, aber auch Spinat, Avocado oder Bohnen enthalten. „Phytosterol ist dem menschlichen Cholesterin so ähnlich, dass es durch dieselben Aufnahme-Kanäle wandert und eine interessante Wirkung hat. Es verstopft einfach den Kanal, sodass der Körper das eigentliche Cholesterin nicht aufnehmen kann“, erläutert der Gen-Experte.
Dadurch sinken die ‚schlechten‘ LDL-Cholesterin-Werte. „Wer seine genetischen Schwächen kennt, kann gezielt gegensteuern“, so Wallerstorfer.