Kommentar zum Friedensnobelpreis.
Der diesjährige Friedensnobelpreis „ist nicht gegen Präsident Putin gerichtet“. Das war Berit Reiss-Andersen, der Vorsitzenden des Osloer Nobel-Komitees, wichtig zu betonen.
Nichtsdestotrotz fiel diese Entscheidung nicht bloß „für etwas“, so wie vor zehn Jahren, als die EU für ihr Friedenswerk belohnt wurde. Nein, dieser Friedensnobelpreis ist wie 1975 (Andrej Sacharow) oder 1989 (Lech Walesa) auch ein Signal gegen etwas.
Es lässt sich sogar ein Bogen vom sowjetischen Bürgerrechtler über den polnischen Gewerkschaftsführer bis zu den nun Ausgezeichneten spannen: Die weißrussische Bürgerrechtsgruppe Wjasna, die russische Organisation Memorial International und das ukrainische Zentrum für Bürgerliche Freiheiten bekämpfen ein hegemoniales System, dessen Fäden im Kreml gezogen werden. Somit ist der diesjährige Friedensnobelpreis auch ein Anti-Putin-Preis.
Im Fall Memorial kommt ein besonders bitterer Aspekt hinzu: Die inzwischen verbotene Organisation kämpfte für die Aufarbeitung stalinistischer Verbrechen in der Sowjetunion.
Putins Aufstieg ist undenkbar ohne das Unterdrücken jeglicher Auseinandersetzung mit dem Stalinismus. Wären die von Stalin gerade an der Ukraine verübten Verbrechen präsent im russischen Nationalbewusstsein, würde dieses Putins Wiederholung der Geschichte nicht zulassen.