Meinung

von Manfred Maurer

Welt ohne Polizist

Kommentar zum Abzug der USA aus Afghanistan.

Jahrzehntelang wurden die USA als Weltpolizist geschmäht. Es ginge den Amerikanern nur ums Öl und anderer Rohstoffe. Das stimmte wohl auch. So nebenbei sorgte der Weltpolizist aber auch für Europas Sicherheit.

Diese Ära geht zu Ende. Klar ist das den Europäern nicht erst seit Bidens desaströsem Afghanistan-Ausstieg. Schon 2016 sagte Ursula von der Leyen, damals deutsche Verteidigungsministerin, nach Trumps Wahlsieg: „Europa muss sich darauf einstellen, dass es besser selber vorsorgt.“

Die Tragödie von Kabul ist nur ein weiterer Weckruf. Und die EU beginnt fest entschlossen eine Diskussion

über den Aufbau einer eigenen schnellen Eingreiftruppe. Eine solche hatte der EU-Rat schon Ende 1999 beschlossen. Nur wurde nichts draus. Zwar gibt es mittlerweile die EU-Battlegroups, an deren Einsatz im jüngsten Anlassfall aber nicht einmal gedacht wurde. Ein Grund dafür ist die historisch bedingte Scheu vor militärischen Einsätzen. Das macht Europa einerseits sympathisch, andererseits aber auch hilf- und einflusslos.

„Europa muss auch die Sprache der Macht lernen“, auch das hat Von der Leyen gesagt, vor knapp zwei Jahren als EU-Kommissionschefin. Denn wer die Sprache der Macht verweigert, wird letztlich von anderen Mächten überrollt, die diese Sprache perfekt beherrschen. Russland und China stoßen längst vor ins Vakuum, das der abgetretene Weltpolizist hinterlässt.