Das 3. Orchesterkonzert des Brucknerfests binnen fünf Tagen gliederte sich mit einem ausschließlich Jean Sibelius gewidmeten Programm nahtlos dem Festivalmotto „Visionen“ ein.
Denn die Musik des als „Erbe und Neuerer“ etikettierten finnischen Komponisten greift zumal in den um 1900 geschaffenen Werken wohl große Traditionen auf und spiegelt Einflüsse vor allem Anton Bruckners; doch formuliert sie eine ganz eigenständige Sprache von Tönen und Formen, die sowohl zutiefst in der ausgeprägten Persönlichkeit ihres Schöpfers wurzeln als auch im erwachenden finnischen Nationalbewusstsein.
So setzte das renommierte Royal Philharmonic Orchestra London unter der sensiblen Leitung seines Chefdirigenten Vasily Petrenko gleich zu Beginn des offiziellen Programms mit der sinfonischen Dichtung „Finlandia“, die als inoffizielle Nationalhymne gilt, ein plakatives Zeichen; dem freilich mit Edward Elgars bezauberndem „Nimrod“ aus dessen Enigma-Variationen eine Geste der Trauer um Queen Elizabeth voranging. Das mit geigerischen Herausforderungen gespickte, aber sehr publikumswirksame Violinkonzert Sibelius´ markierte den ersten Höhepunkt des Konzerts: Der armenische Virtuose Sergey Khachatryan demonstrierte begeisternd stupendes Können und tiefes Einfühlungsvermögen in die reiche Aussage des Werkes.
Tosenden Beifall beantwortete er mit einer zarten armenischen Volksweise. Nach der Pause erklang mit der 2. Sinfonie in D-Dur op. 43 die wohl (relativ) populärste der insgesamt sieben Sinfonien des finnischen Meisters. Sie ist zwar grundsätzlich in „klassische“ Form gegossen, überrascht aber stets mit originellen Einfällen, heiklen solistischen Einlagen und ungewöhnlichen instrumentalen Eigenheiten; wie einer minutenlangen Pizzicato-Sequenz der tiefen Streicher, die mit delikaten Fagott-Soli einen Dialog pflegt.
Das brillant präsentierte Finale mit prächtigen Bläserakkorden löste neuerlich Jubel aus, dem als Abschiedszugabe – spätabendlich – „Morgenstimmung“ aus der ersten Peer Gynt-Suite Edvard Griegs folgte.