Angriff nahe Beirut: Retter suchen nach Überlebenden

Nach dem massiven israelischen Luftangriff in einem Vorort von Beirut suchen Retter nach Überlebenden. Mehrere Gebäude seien in dem dicht besiedelten Vorort Haret Hreik zerstört worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Es könnte deshalb Dutzende oder sogar Hunderte Tote geben, hieß es. Die Zeitung „Haaretz“ berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter, es seien schätzungsweise 300 Menschen getötet worden.

Das libanesische Gesundheitsministerium sprach zunächst von sechs Toten und 91 Verletzten. Diese Zahlen könnten aber steigen, weil viele Opfer noch unter Trümmern liegen dürften. Auf Videos vom Ort des Angriffs waren große Trümmerberge zu sehen. Die Beseitigung von Trümmern laufe, erklärte das Ministerium.

Israel setzte seine Luftangriffe nahe der libanesischen Hauptstadt in der Nacht auf Samstag fort. Die Luftwaffe führe derzeit Angriffe auf „Terrorziele, die zur Terrororganisation Hisbollah gehören“ durch, teilte die israelische Armee in der Nacht auf Samstag mit. Einzelheiten wurden nicht genannt. Bereits kurz zuvor hatte die Armee weitere Angriffe in der Nähe von Beirut bekanntgegeben. Es seien Waffenproduktionsanlagen, Gebäude, in denen moderne Waffen gelagert würden sowie Kommandozentralen der proiranischen Miliz attackiert worden.

Die Miliz wies die Darstellung der israelischen Armee zurück, Waffenlager der Hisbollah anzugreifen. In den angegriffenen Gebäuden würden sich keine Waffen oder Depots befinden, erklärte die Schiitenmiliz. Örtliche Fernsehsender zeigten nächtliche Explosionen südlich von Beirut in Nähe des internationalen Flughafens. Auf den Bildern waren Brände und Folgeexplosionen zu sehen. Angaben über Opfer gab es in der Nacht zunächst nicht.

Hunderte Menschen flohen vor den israelischen Bombardierungen in den südlichen Vororten Beiruts ins Stadtzentrum. Sie versammelten sich in der Nacht in Parks und zentralen Plätzen, wie Augenzeugen sagten. Die Menschen wurden laut einem Bericht der libanesischen Staatsagentur NNA dazu aufgerufen, sich über eine Telefon-Hotline einen Platz in einer Notunterkunft zu sichern.

Im Libanon wurden landesweit mehr als 500 Notunterkünfte geöffnet, in denen derzeit mehr als 70.000 Menschen Schutz vor den Angriffen suchen. Örtliche Journalisten berichteten, in Beirut würden Menschen nicht nur in Parks, sondern auch auf der Straße und an öffentlichen Stränden Schutz suchen.

Ungewissheit herrscht indes weiter über den Gesundheitszustand von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. Dieser sei nach Angaben einer mit der Angelegenheit vertrauten Person seit dem israelischen Angriff im Süden Beiruts nicht mehr erreichbar. Auch Stunden nach dem Angriff hat sich die Hisbollah noch nicht zu Nasrallah geäußert. Eine der Hisbollah nahestehende Person teilte Reuters mit, Nasrallah sei am Leben, und auch die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, er sei in Sicherheit. Aus iranischen Regierungskreisen hieß es, Teheran prüfe seinen Status.

Israels Militär griff nach eigener Darstellung das Hauptquartier der Hisbollah an, das sich demnach unter Wohngebäuden befunden haben soll. Sicherheits- und Nahost-Experte Michael Horowitz schrieb auf der Plattform X, Risse im Boden deuteten darauf hin, dass eine im Untergrund liegende Struktur angegriffen worden sei. Israel hat Militärexperten zufolge im Gaza-Krieg 900 Kilogramm schwere Bomben eingesetzt, die als „Bunkerbrecher“ bekannt sind und ganze Wohnhausanlagen zum Einsturz bringen können.

Unterdessen gab es auch wieder Beschuss aus dem Libanon auf Israel. Die israelische Armee meldete rund 90 Geschosse, die aus dem Nachbarland abgefeuert worden seien. Laut dem Rettungsdienst Magen David Adom wurde eine Frau bei einer Explosion leicht verletzt. In der Stadt Safed seien ein Haus und ein Auto bei einem Raketeneinschlag getroffen worden, meldete die Armee.

Der israelischen Polizei zufolge entstand großer Sachschaden in dem Ort im Norden Israels. Die schiitische Hisbollah-Miliz reklamierte den Angriff auf Safed für sich.

Unterdessen übte Russland harsche Kritik an den Angriffen Israels auf die Hisbollah. „Wir verurteilen das Vorgehen der israelischen Seite aufs Schärfste, da es die Souveränität unseres befreundeten Landes Libanon eklatant verletzt“, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Die eskalierende Gewalt müsse sofort beendet werden, bevor die Situation völlig außer Kontrolle gerate.

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