Russland meldet Einnahme eines weiteren Dorfes im Donbass

Das russische Verteidigungsministerium hat die Einnahme eines weiteren Dorfes in der Ostukraine gemeldet. Jasna Poljana ist ein kleines Dorf, in dem vor Beginn der russischen Offensive weniger als 500 Menschen wohnten. Das Dorf liegt etwa 20 Kilometer südwestlich der Industriestadt Kurachowe und unweit der Stadt Wuhledar, die erst kürzlich an die russische Armee gefallen war. Russland hatte zuletzt dutzende Städte und Dörfer im Osten der Ukraine eingenommen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Donbass-Region als „Priorität“ Russlands bezeichnet. Für den russischen Vormarsch in der Ostukraine ist die Industriestadt Pokrowsk das nächste wichtige Ziel. Der Feind stehe nur noch knapp sieben Kilometer vor der Stadt im Gebiet Donezk, die vor dem Krieg etwa 50.000 Einwohner hatte, sagte der Leiter der Stadtverwaltung, Serhij Dobrjak. Zurzeit harrten noch etwa 12.000 Menschen in Pokrowsk aus, darunter Kinder, auch wenn die Infrastruktur schon zu etwa 80 Prozent zerstört sei.

Am Frontabschnitt Pokrowsk seien am Mittwoch 28 russische Sturmangriffe gezählt worden, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew mit. An der gesamten langen Front im Osten und Süden habe es 134 Gefechte gegeben. Pokrowsk wird seit langem beschossen. Die Zufahrt zur bedrohten Stadt sei zwar noch nicht komplett gesperrt, sagte Stadtchef Dobrjak. Doch einzelne Straßen würden abgeriegelt, um Verteidigungsanlagen zu bauen. Nahe Pokrowsk ging den Ukrainern zuletzt die Stadt Selydowe verloren. Damit können Angriffe auf Pokrowsk auch von Süden erfolgen.

Ebenso viel Druck üben die russischen Truppen nach ukrainischen Angaben am Frontabschnitt der Stadt Kurachowe aus. Auch dort habe es 28 Sturmangriffe gegeben, teilte das Militär mit. Es berichtete immer noch von Kämpfen um den vorgelagerten Ort Kurachiwka. Ukrainische Militärblogs sehen den Ort aber bereits unter russischer Kontrolle.

Seit den Abendstunden am Mittwoch greift Russland die Ukraine erneut aus der Luft an – mit Raketen, Gleitbomben und Kampfdrohnen. Allein auf die Hafenstadt Odessa und ihr Umland wurden nach regionalen Behördenangaben etwa zehn Raketen abgeschossen. Explosionen waren zu hören. Dies sei aber außerhalb der Stadt gewesen, sagte Bürgermeister Hennadij Truchanow. Über Odessa und seine Nachbarhäfen laufen die Getreideexporte der Ukraine. Deshalb wird die Küste immer wieder von Russland attackiert.

Bei einem russischen Gleitbombentreffer auf ein Hochhaus in Charkiw in der Ostukraine wurden Behördenangaben zufolge mindestens zwei Menschen getötet. Ein Toter sei ein zwölfjähriger Bub, teilte Gebietsgouverneur Oleh Synjehubow auf Telegram mit. Mindestens 34 Menschen seien verletzt worden. Rettungskräfte suchten in den zerstörten Wohnungen nach weiteren möglichen Opfern.

Auch andere Landesteile der Ukraine wurden in der Nacht auf Donnerstag von Russland aus der Luft mit Raketen und Kampfdrohnen angegriffen. Ein Raketenangriff konzentrierte sich auf die strategisch wichtige Brücke über die Mündung des Flusses Dnister (Dnjestr) ins Schwarze Meer bei Odessa. Angaben zu Schäden wurden bisher nicht gemacht. Russische Behörden berichteten am Morgen von einem großen ukrainischen Drohnenangriff auf die besetzte Hafenstadt Berdjansk am Asowschen Meer.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte indes einen Bericht der „New York Times“, wonach er die USA um Marschflugkörper vom Typ Tomahawk zur künftigen Abschreckung Russlands gebeten habe. So stehe es im geheimen Anhang seines „Siegesplans“, den er jüngst in Washington präsentiert hatte, sagte er vor Journalisten in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Zu seinem Plan gehört eine Aufrüstung der Ukraine, um Russland von Aggressionen abzuschrecken.

Selenskyj zeigte sich enttäuscht und wertete das Durchsickern der Informationen als Vertrauensbruch. „Wie soll man diese Nachricht verstehen? Das heißt also, dass es zwischen Partnern keine vertraulichen Informationen gibt“, stellte er fest. Tomahawks haben eine maximale Reichweite von gut 2.400 Kilometern und können damit theoretisch von ukrainischem Boden aus russische Großstädte wie St. Petersburg, Moskau und sogar Jekaterinburg im Ural erreichen.

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