In der Endphase des Wahlkampfs haben Kamala Harris und Donald Trump im US-Staat Wisconsin zur selben Zeit um Stimmen geworben – nur etwa acht Kilometer Luftlinie voneinander entfernt.
Während US-Rapperin Cardi B die Demokratin in einem Vorort von Milwaukee auf der Bühne begrüßte und erklärte, Harris habe sie erst zum Wählen motiviert, begann der Republikaner im Stadtzentrum seine Rede. Wisconsin gehört zu den hart umkämpften „Swing States“.
2016 gewann Trump hier gegen Hillary Clinton mit einem Vorsprung von 0,7 Prozentpunkten. 2020 siegte Joe Biden gegen Trump mit einem Vorsprung von 0,6 Prozentpunkten. Auch dieses Jahr dürfte es wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben.
Trump sparte in seiner Ansprache nicht mit Beleidigungen: Als technische Probleme mit dem Mikrofon auftraten, bezeichnete er sein eigenes Team hinter der Bühne als „dumm“; Harris nannte er wie schon häufiger eine „Person mit sehr niedrigem IQ“.
Harris warnte zeitgleich vor einer erneuten Trump-Präsidentschaft: „Das ist niemand, der darüber nachdenkt, wie er euer Leben besser machen kann“, sagte sie. „Das ist jemand, der zunehmend instabil ist, getrieben von Rachegelüsten und Groll. Und dieser Mann ist aus auf ungezügelte Macht.“ Sie versprach eine Politik der Einheit, die auf die Menschen ausgerichtet sei: „Ich komme am ersten Tag mit meiner To-do-Liste – nicht mit einer Feindesliste.“ Zu ihren Prioritäten zählte sie bezahlbare Gesundheitsversorgung und das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung.
Trump sprach wie gewohnt deutlich länger. Als Harris nach etwa 30 Minuten die Bühne verließ, hatte er sich erst warm geredet. Der Republikaner versprach Steuersenkungen und ein „Raketenschutzschild“ für die USA. Zudem wiederholte er unbelegte Behauptungen über angeblich manipulierte Arbeitsmarktberichte und wetterte gegen Migranten, Medien und politische Gegner. Zu den Folgen des Klimawandels sagte er: „Wen zur Hölle kümmert das?“ Nach rund 90 Minuten beendete er seine Rede.
Auch abseits der Auftritte spitzte sich der Wahlkampf am Freitag zu. Harris reagierte bei ihrer Ankunft in Wisconsin scharf auf eine Aussage Trumps, in der er seine republikanische Parteikollegin Liz Cheney gewaltverherrlichend angegriffen und gesagt hatte, sie solle bei einem Feuergefecht in neun Gewehrläufe blicken – eine Rhetorik, die laut Harris jeden für das Präsidentenamt disqualifiziere. Auch das Weiße Haus warnte vor dem potenziellen Zündstoff solcher Kommentare.
Das hielt Trump aber nicht davon ab, bei einem Auftritt in Michigan nachzulegen. Er behauptete, Cheney würde nicht den Mut aufbringen, in einer echten Kampfsituation dem Feind ins Auge zu blicken. Stattdessen säße sie in Washington und wolle Kriege mit anderen Ländern führen. Harris bezeichnete er als „Kandidatin der endlosen Kriege“, während er selbst ein „Kandidat des Friedens“ sei.
Cheney, Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney und Unterstützerin von Harris, wurde für ihre interventionistisch orientierte außenpolitische Position oft kritisiert. Beobachter betonen allerdings, dass Trump selbst während seiner Amtszeit mehrfach Militäraktionen anordnete.
Indes besteht weiterhin Besorgnis über mögliche russische Einflussnahme auf den Wahlkampf. Auf der Plattform X kursierte in dieser Woche ein Video, das einen angeblichen Migranten aus Haiti zeigt, der mehrfach im US-Staat Georgia gewählt haben soll. US-Sicherheitsbehörden erklärten, das Video sei gefälscht und Teil einer russischen Kampagne, die darauf abziele, Zweifel an der Integrität der US-Wahlen zu säen.
Seit der Übernahme durch Tech-Milliardär Elon Musk geht X – vormals Twitter – weniger streng gegen Falschinformationen vor. Musk, der als prominenter Trump-Anhänger auftritt, unterstützt diesen auch finanziell. Das inzwischen gelöschte Video bediente Trumps Narrativ von angeblichem Wahlbetrug durch Migranten – ein Thema, das er regelmäßig aufgreift.
Auch der Oberste Gerichtshof der USA befasste sich kurz vor dem Wochenende mit einer Frage der Wahlintegrität und stoppte vorerst einen Versuch der Republikaner, bestimmte Stimmzettel in Pennsylvania von der Zählung auszuschließen – der US-Staat könnte als bevölkerungsreichster der sieben „Swing States“ entscheidend für den Wahlausgang sein.
Durch die Entscheidung dürfen nun Wählerinnen und Wähler, deren Briefwahlunterlagen wegen formaler Mängel abgelehnt wurden, dennoch persönlich mit einem provisorischen Stimmzettel abstimmen. Damit könnten Tausende Stimmen, die tendenziell eher demokratischen Wählern zugerechnet werden, vor der Ungültigkeit bewahrt worden sein. Mit einer Einschränkung: Der Supreme Court lehnte den entsprechenden Antrag der Republikaner zwar ab – könnte sich jedoch später erneut mit der Angelegenheit befassen.