Kara-Mursa fordert EU-Plan für Zeit nach „Mörder“ Putin

Der russische Oppositionsführer Wladimir Kara-Mursa hat die europäischen Staaten dazu aufgerufen, einen Plan für die rasche Integration eines demokratischen Russlands auszuarbeiten. „Das Fenster wird nur kurz offen sein“, sagte Kara-Mursa Freitagabend in der „ZiB2“ des ORF mit Blick auf die Zeit nach Kreml-Chef Wladimir Putin. Dieser sei „kein legitimer Präsident“, sondern ein „Diktator“ und „Mörder“, sagte der im Sommer im Rahmen eines Gefangenenaustausches Freigelassene.

Die russische Geschichte zeige, dass Veränderungen „plötzlich“ kämen, „wenn niemand sie erwartet“. Sowohl das Zarenregime als auch die Sowjetunion seien innerhalb kurzer Zeit verschwunden. „So wird es auch das nächste Mal sein“, sagte Kara-Mursa. Niemand wisse, wann, wo und unter welchen Umständen Putin seine Macht verlieren werde. „Das Verantwortungsvollste, was wir tun können, ist, uns darauf vorzubereiten“, forderte der Oppositionspolitiker die Ausarbeitung eines nicht näher ausgeführten „Plans“ zur Integration Russlands. „Langfristigen Frieden und Stabilität in Europa kann es nur geben mit einem demokratischen Russland“, betonte er.

„Erstaunt“ zeigte sich Kara-Mursa darüber, dass es im Westen auch nach 25 Jahren seiner Macht noch Menschen gebe, „die für Verständnis und Kooperation mit Putin werben“. „Die Menschen, die aufrufen mit Russland zu kooperieren, sind die wahren Kriegstreiber“, kritisierte er. Sie sorgen nämlich dafür, dass die von Putin ausgehende Gefahr bestehen bleibe. Selbst wenn es Frieden gebe, „wird er (Putin) in einem Jahr einen neuen Krieg anfangen, ein neues Verbrechen beginnen“, sagte er mit Blick auf die lange Reihe der Aggressionsakte Putins gegen andere Staaten.

„Es ist unmöglich, mit dem Regime Kompromisse zu schließen oder Forderungen einzugehen“, betonte der zu 25 Jahren Lagerhaft in Sibirien verurteilte Politiker. Er selbst habe „keine Sekunde daran gedacht“, ein Gnadengesuch an Putin zu unterschreiben. „Ich war voll überzeugt davon, dass ich im sibirischen Gefängnis sterben werde.“ Seine Freilassung sei „ein Wunder, ein Menschen gemachtes Wunder“ gewesen. „Der wahre Verbrecher ist Putin“, sagte Kara-Mursa. Er war im April 2022 inhaftiert worden, weil er Russland Kriegsverbrechen gegen die Ukraine vorgeworfen hatte.

Gemeinsam mit seiner Frau Ewgenija war Kara-Mursa am Freitag nach Wien gekommen, um den Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte entgegenzunehmen. Kara-Mursa war Anfang August im Rahmen des größten Gefangenenaustausches zwischen Russland und dem Westen freigekommen. Deutschland musste im Rahmen des Austausches einen wegen Mordes verurteilten Geheimdienstkiller laufen lassen. Slowenien musste dem Verbrecherregime zwei minderjährige Kinder ausliefern, die erst auf ihrem Flug nach Russland erfuhren, dass sie keine Argentinier sind – ihre Eltern hatten unter argentinischer Tarnidentität in Slowenien Spionage betrieben. Neben Kara-Mursa kam eine Reihe weiterer Personen frei, die von Putin mit fadenscheinigen Begründungen eingesperrt wurden, etwa der US-Journalist Evan Gershkovich.

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