Papst erinnert mit Enzyklika an christliche Grundwerte

Weltsynode erfüllt Hoffnungen bisher nicht

Mit einer neuen Enzyklika hat Papst Franziskus die weltweit 1,4 Milliarden Katholiken zur Rückbesinnung auf christliche Grundwerte gemahnt. In dem Schreiben mit dem Titel „Dilexit nos“ („Er hat uns geliebt“) kritisiert das Kirchenoberhaupt, dass in der heutigen Welt Ablenkung und Konsum zu sehr im Mittelpunkt stünden. Die Wirklichkeit sei besser zu erkennen, „wenn wir sie mit dem Herzen erfassen“.

Für den gebürtigen Argentinier ist es die vierte Enzyklika, wie solche Lehrschreiben in der katholischen Kirche heißen. Manche sehen darin bereits eine Art Vermächtnis des 87-Jährigen.

Die insgesamt 77 Seiten (Untertitel: „Enzyklika über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu“) wurden am Rande der Weltsynode veröffentlicht, zu der noch bis zum Wochenende mehr als 360 Bischöfe und Nichtbischöfe in Rom zusammensitzen. Franziskus befasst sich darin mit grundsätzlichen theologischen Überlegungen – ohne direkten Bezug auf aktuelle Streitfragen seiner Kirche wie Missbrauch, Zölibat oder stärkere Beteiligung von Frauen. An mehreren Stellen lässt der Papst auch persönliche Erinnerungen einfließen.

In dem Schreiben heißt es: „Wir werden getrieben, nur anzuhäufen, zu konsumieren und uns abzulenken, gefangen in einem entwürdigenden System, das uns nicht erlaubt, über unsere unmittelbaren und armseligen Bedürfnisse hinauszusehen.“

Franziskus hatte bereits drei Enzykliken vorgelegt: gleich nach seiner Wahl 2013 den Text „Lumen fidei – Licht des Glaubens“, an dem schon sein deutscher Vorgänger Benedikt XVI. gearbeitet hatte. 2015 folgte eine viel beachtete Umwelt-Enzyklika („Laudato si – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“) und 2020 „Fratelli tutti – Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft“. Damit rief er zu Frieden und Solidarität zwischen allen Völkern und Religionen auf.

Eine Enzyklika ist an die katholische Weltkirche gerichtet sowie an „alle Menschen guten Willens“. Die Schreiben gelten als Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes. Benannt werden sie normalerweise nach den ersten lateinischen Worten des gesamten Textes. Die Worte „Er hat uns geliebt“ stammen aus dem sogenannten Römerbrief des Apostels Paulus.

Die Veröffentlichung noch während der laufenden Weltsynode kam für viele überraschend. In den vergangenen vier Wochen gab es unter Teilnehmern Unmut, weil die bisherigen Ergebnisse des Treffens deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben. Auch Hoffnungen aus Europa, dass sich der Papst beispielsweise bei der Zulassung von Frauen für das Diakonat bewegen könnte, erfüllten sich nicht. Stattdessen ließ Franziskus erklären, dass dieses Thema für ihn „nicht ausgereift“ sei.

Kirchenkenner werten diese Erklärung als klare Ansage, dass er in seiner Amtszeit keine Diakoninnen zulassen wird. Das Diakonat ist das niedrigste Weiheamt in der katholischen Kirche. Ein Diakon darf aber alles, was ein Priester darf – außer, eine Eucharistiefeier zu leiten und die Beichte abzunehmen. Die Weltsynode geht am Sonntag mit einem großen Gottesdienst im Petersdom zu Ende. Beim Papst liegt dann die alleinige Entscheidung, welche Empfehlungen des Treffens übernommen werden und welche nicht.

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