Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hält trotz einer Niederlage vor Gericht an ihren Plänen fest, Mittelmeer-Flüchtlinge außerhalb der EU unterzubringen. Das Kabinett in Rom hat Montagabend ein Dekret verabschiedet, wonach die Einstufung als sichere Herkunftsländer für Migranten ausschließlich der Regierung zusteht. Damit will die Regierung sicherstellen, dass die beiden italienischen Flüchtlingslager in Albanien trotz der juristischen Niederlage weiter offen bleiben.
De facto wertet die Regierung den rechtlichen Status ihrer eigenen Liste sicherer Länder, die Ägypten und Bangladesch sowie 17 weitere Staaten umfasst, auf. Die Liste soll in ein Gesetz und nicht wie bisher in einen Ministerialerlass niedrigeren Ranges aufgenommen werden.
Die Liste soll regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Sie besteht nun aus 19 sicheren Ländern, die nach den Kriterien der europäischen Verordnungen und der internationalen Organisationen ermittelt wurden: Albanien, Algerien, Bangladesch, Bosnien-Herzegowina, Kap Verde, Elfenbeinküste, Ägypten, Gambia, Georgien, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Marokko, Montenegro, Peru, Senegal, Serbien, Sri Lanka und Tunesien. Aus der Liste wurden Kamerun, Nigeria und Kolumbien ausgeschlossen, weil Teile dieser Länder als unsicher gelten.
Ein Gericht in Rom hatte am Freitag verfügt, dass eine erste Gruppe von zwölf Männern weiter nach Italien darf und nicht in italienischen Lagern in Albanien interniert werden darf. Die zwölf Migranten sind am Samstag bereits in Bari eingetroffen.
Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der über Asylanträge außerhalb der EU urteilen will. Das Vorhaben wird von allen anderen EU-Ländern aufmerksam verfolgt. Insbesondere andere rechte Regierungen in Europa erwägen, sich das Meloni-Modell zum Vorbild zu nehmen. Bleibt es bei dem Beschluss des Gerichts in Rom, das sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stützt, wäre das für sie ein schwerer Schlag.
Die Regierung Meloni will jetzt Berufung gegen das am Freitag gefällte Urteil eines römischen Gerichts einlegen. Ihr Ziel ist, in der Frage eine letztinstanzliche Entscheidung des Obersten Gerichts zu erreichen. Die italienische Regierung hatte im Juni die Liste der als sicher geltenden Herkunftsländer von 15 auf 21 aufgestockt. Neben Ägypten und Bangladesch gelten jetzt etwa auch die Elfenbeinküste und Tunesien als sichere Herkunftsländer.
Der Entscheidung der römischen Richter gegen die Internierung von Migranten in Albanien liegt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von Anfang Oktober zugrunde. In diesem wird festgehalten, dass ein EU-Land einen Drittstaat im Asylrecht nur als sicheres Herkunftsland definieren kann, wenn die Bedingungen dafür im gesamten Hoheitsgebiet des Staates erfüllt sind, so der Europäische Gerichtshof.
Der Beschluss des Gerichts in Rom stellt die Grundlage des gesamten albanischen Plans, für den die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni über fünf Jahre hinweg mehr als 600 Millionen ausgeben will, ernsthaft in Frage. Die Kosten für Bau und Betrieb der italienischen Lager in Albanien mit einer Kapazität von 36.000 Migranten jährlich beziffert die Regierung auf rund 670 Millionen Euro bis 2029.
Wegen des Urteils des Gerichts in Rom ist Meloni unter Beschuss geraten. „Niemand steht über den europäischen, internationalen und italienischen Gesetzen, am wenigsten diejenigen, die regieren“, betonte Schlein.
Italien hat vor zwei Aufnahmezentren in Albanien errichtet, wo Asylanträge bearbeitet werden sollen. Sie wurden vergangene Woche eröffnet. Das Vorgehen beruhte auf der Vereinbarung, laut der ein EU-Land Migranten in ein Nicht-EU-Land umleiten kann, um irreguläre Ankünfte zu verhindern.