Russland hat die Ukraine in der Nacht auf Montag erneut mit schweren Angriffen aus der Luft überzogen. In der Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine seien 23 Menschen durch einen Einschlag verletzt worden, schrieb der Bürgermeister Ihor Terechow bei Telegram. Das ukrainische Militär beschoss nach eigenen Angaben Ziele in den russischen Gebieten Brjansk, Kursk und Kaluga. In der Region Kursk wurde außerdem ein britischer Staatsbürger festgenommen.
Bürgermeister Terechow teilte bei Telegram mit, dass Charkiw mit einer umfunktionierten Flugabwehrrakete des Systems S-400 beschossen worden war. Bei einem Angriff in der südukrainischen Hafenstadt Odessa wurden laut Staatsanwaltschaft acht Menschen verletzt. In der südostukrainischen Region Saporischschja wurden nach Angaben der Gebietsverwaltung ein Kind verletzt und Infrastruktureinrichtungen sowie Wohnhäuser beschädigt. Der Gouverneur Iwan Fedorow schrieb in der Nacht von einem massiven Drohnenangriff.
Russen rücken in Donezk vor
Ukrainischen Militärbeobachtern zufolge sind die russischen Truppen zudem in der Nacht weiter in der Region Donezk vorgerückt und haben zwei Dörfer eingenommen. Die ukrainische Luftwaffe meldete, seit Sonntagabend 71 von insgesamt 145 russischen Drohnen abgefangen und zerstört zu haben. Weitere 71 Drohnen habe man aus dem Blick verloren, eine von ihnen sei Richtung Belarus abgedreht, teilte die Luftwaffe mit.
Außerdem griffen die russischen Streitkräfte in der Nacht auf Montag die Energieinfrastruktur in der südukrainischen Region Mykolajiw an. Daraufhin sei zum Teil der Strom ausgefallen, erklärte der Gouverneur der Region, Witalij Kim, auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram. Bis zum Morgen sei die Stromversorgung für die meisten Konsumentinnen und Konsumenten wiederhergestellt worden.
Russland: Acht ukrainische Raketen über Kursk abgefangen
Das ukrainische Militär erklärte seinerseits, bei nächtlichen Angriffen „eine Reihe wichtiger Ziele“ in Russland getroffen zu haben, so etwa in Kaluga ein Öllager. Die Oblaste Brjansk und Kursk grenzen an die Ukraine, Kaluga liegt weiter im Landesinneren östlich von Brjansk. Alle drei befinden sich in der größeren Region Zentralrussland, in der auch die Hauptstadt Moskau liegt.
Das russische Militär hat nach Angaben der Regierung in Moskau in den vergangenen 24 Stunden acht von der Ukraine gestartete ballistische Raketen abgefangen. Zudem seien sechs Lenkbomben vom US-Typ JDAM und 45 Drohnen abgeschossen und zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge mit.
Der Gouverneur der an die Ukraine grenzenden Region Kursk hatte zuvor von sieben abgefangenen Raketen aus der Ukraine gesprochen. Die Luftabwehr habe außerdem sieben ukrainische Drohnen zerstört. Der pro-russische Militäranalyst Roman Aljochin, Berater des Gouverneurs, sprach von einem „massiven Angriff mit Raketen ausländischer Produktion auf Kursk“.
Trümmerteile abgeschossener Drohnen haben russischen Angaben zufolge eine Industrieanlage rund 200 Kilometer südwestlich von Moskau in Brand gesetzt. Drei der Fluggeräte seien am Stadtrand von Kaluga von der Luftabwehr zerstört worden, schrieb der Gouverneur des gleichnamigen Gebietes, Wladislaw Schapscha, in der Nacht auf Montag auf Telegram. Die Trümmer seien auf das Gelände des Industrieunternehmens gefallen und hätten einen Brand ausgelöst. Verletzt worden sei niemand.
Britischer Söldner von Russen festgenommen
Die Festnahme des Briten meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf Sicherheitskreise. In einem über inoffizielle pro-russische Telegram-Kanäle verbreiteten Video ist ein junger bärtiger Mann in Militärkleidung zu sehen, der sich auf Englisch als James Scott Rhys Anderson vorstellt und angibt, früher in der britischen Armee gedient zu haben und später in die ukrainische Armee eingetreten sei.
Die Echtheit des Videos, das Aufnahmedatum und die Angaben von RIA konnten nicht sofort unabhängig verifiziert werden. Das britische Außenministerium hat laut dem Sender BBC mitgeteilt, die Familie eines britischen Staatsbürgers nach Berichten über dessen Festnahme zu unterstützen. Außenminister David Lammy sagte am Montag, Großbritannien werde „diesem britischen Staatsbürger alle mögliche Unterstützung“ zukommen lassen.
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zweieinhalb Jahren mit westlicher Hilfe gegen eine großangelegte russische Invasion, steht derzeit aber stark unter Druck.