UNO warnt vor Überforderung Syriens durch Rückkehrer

Die Leiterin der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Amy Pope, warnt, eine großangelegte Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien würde das Land überfordern. „Wir befürworten keine massenhaften Rückkehraktionen. Die Gemeinden sind ehrlich gesagt, einfach nicht bereit, die Vertriebenen aufzunehmen“, erklärte Pope gegenüber Journalisten am Freitag in Genf. Pope forderte Regierungen auf, „jegliche Pläne zur Rückführung von Menschen zu bremsen“.

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat schätzt, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 rund eine Million Menschen nach Syrien zurückkehren werden. Einige europäische Länder haben bereits Asylanträge für Syrer eingefroren, unter ihnen Österreich. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte beim EU-Gipfel am Donnerstag, dass es darum gehe, die freiwillige Rückkehr zu ermöglichen. Syrien müsse ein stabiles Land werden, in dem die Menschenrechte und Religionsfreiheit gewahrt werden.

Eine großangelegte Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien könnte einen Konflikt in der fragilen Situation nach dem Sturz von Machthaber Bashar al-Assad schüren, sagte die Leiterin der UNO-Migrationsbehörde. Pope erklärte, dass Bevölkerungsgruppen noch fliehen könnten, weil die Lage unter den neuen Machthabern, der Hayat Tahrir al-Sham-Miliz, die früher Verbindungen zur Terrororganisation Al-Kaida hatte, unklar sei. So seien etwa christliche Gemeinden sehr besorgt, ob sie nicht zur Zielscheibe von Angriffen werden.

Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen wird nächste Woche ein kleines Team von Experten nach Syrien entsenden, sagte UNO-Sprecher Thameen Al-Kheetan. Er sagte am Freitag bei einer Pressekonferenz, das Team werde in Menschenrechtsfragen unterstützen und dazu beitragen, dass ein Machtwechsel „inklusiv und im Rahmen des Völkerrechts“ erfolge. „Es ist wichtig für uns, eine Präsenz aufzubauen“, teilte die Organisation mit.

Das deutsche Entwicklungsministerium warnte nach dem Besuch einer Delegation in Damaskus ebenfalls vor staatlich veranlassten Rückführungen syrischer Migranten in ihre Heimat. In einem Strategiepapier wird auf die schlechte humanitäre Lage und eine Überforderung des Übergangsprozesses mit möglichen neuen Konflikten innerhalb des Landes verwiesen.

„Spekulationen über die Aufhebung des ‚Schutzstatus‘ von syrischen Geflüchteten – egal ob in Deutschland oder anderswo – kommen deutlich zu früh“, heißt es in dem Strategiepapier, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag. Das Entwicklungsministerium werde seine Unterstützung der Staaten, wo die meisten syrischen Flüchtlinge leben, fortsetzen „und wo erforderlich ausbauen“. So habe das Ministerium in den letzten Jahren maßgeblich die etwa fünf Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei, im Libanon sowie in Jordanien und im Irak unterstützt. Insgesamt halten sich rund 975.000 Syrer in Deutschland auf.

In Österreich leben laut Zahlen der Statistik Austria gut 95.000 Syrer und Syrerinnen. Erste Asyl-Aberkennungsverfahren wurden bereits eingeleitet. Wenn sich die Asylgründe grundlegend ändern und keine anderen Gründe bestehen, kann nämlich der Schutzstatus innerhalb von fünf Jahren aberkannt werden. In diese Gruppe fallen derzeit rund 40.000 Personen.

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