Wagenknecht-Partei offen für Koalition mit CDU in Sachsen

Nach den Landtagswahlen in den deutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen hat die Co-Vorsitzende des linkspopulistischen BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht), Amira Mohamed Ali, sich grundsätzlich offen für eine Koalition mit der CDU gezeigt. „Es gibt Parallelen, es gibt auch erhebliche Unterschiede“, sagte sie am Montag. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält in seinem Land eine Koalition mit der SPD und dem BSW für möglich.

„Es wird nicht einfach sein, es wird auch seine Zeit dauern, aber es ist möglich“, sagte Kretschmer am Morgen nach der Wahl im Deutschlandfunk. Eine Zusammenarbeit mit der AfD oder der Linken schloss er aus. Seine Partei CDU ist in Sachsen nach den vorläufigen Ergebnissen mit 31,9 Prozent (2019: 32,1 Prozent) knapp stärkste Kraft geworden, dicht gefolgt von der AfD mit 30,6 Prozent (27,5). Das neue BSW erreicht aus dem Stand 11,8 Prozent. Die SPD liegt bei 7,3 Prozent (7,7).

BSW-Co-Chefin Mohamed Ali sagte: Ob man wirklich zueinander finde, werde sich erst bei Koalitionsverhandlungen zeigen. Eine Koalition mit der rechtsextremen AfD schloss Mohamed Ali im ZDF-„Morgenmagazin“ aus. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hatte für Bündnisse auf Landesebene zur Bedingung gemacht, dass mögliche Koalitionspartner eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen. Mit Blick auf die außenpolitischen Forderungen sagte Mohamed Ali, es liege nun an den „möglichen Koalitionspartnern“ – allen voran der CDU -, „ob sie sich das vorstellen können“. Gerade von Kretschmer habe man „Signale“ gehört, „dass er eigentlich auch diese Position hat“, sagte Mohamed Ali.

Wagenknecht sieht sich als erste Ansprechpartnerin für mögliche Koalitionspartner ihrer Partei in Thüringen und Sachsen. „Wer mit uns koalieren möchte, muss auch mit mir sprechen“, sagte die BSW-Vorsitzende am Montag in Berlin. „Ich denke schon, ein persönliches Gespräch ist da angemessener als ein Telefonat.“ Die eigentlichen Koalitionsverhandlungen würden aber im Land geführt. Da gehe es um fachliche Details, sagte Wagenknecht.

In Sachsen und Thüringen war das neu gegründete BSW am Sonntag aus dem Stand auf zweistellige Ergebnisse gekommen. In Sachsen gewann die CDU die Wahl knapp vor der AfD, in Thüringen siegte die AfD mit deutlichem Vorsprung vor der CDU.

„Ich möchte diesem Land dienen, ich möchte diesem Land eine stabile Regierung geben“, betonte Kretschmer, der gute Chancen hat, Ministerpräsident seines Landes zu bleiben. Der Weg dahin werde aber nicht leicht und könne monatelange Verhandlungen mit den möglichen Koalitionspartnern bedeuten, betonte der CDU-Politiker. Nun gehe es erst mal darum „durchzuatmen“ und sich zu freuen, dass es in Sachsen gelungen sei, eine stabile Regierung bilden zu können.

Von Koalitionsverhandlungen sei die CDU noch weit entfernt. Wenn es so weit sei, werde seine Partei ihren „Wertekompass“ auf den Tisch legen und dann werde es Gespräche geben. „Parteiideologien“ müssten dabei in den Hintergrund treten. „Wir reden über Inhalte“, betonte Kretschmer. Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit dem BSW sagte er: „Wir koalieren nicht mit Frau Wagenknecht, sondern mit Menschen, die in den Sächsischen Landtag gewählt worden sind.“

Zum Umgang mit der AfD empfahl Kretschmer, vom Begriff der „Brandmauer“ Abstand zu nehmen, weil die Partei diesen Begriff für sich ausnutze. „Die AfD ist eine Meisterin darin, sich als Märtyrerin darzustellen“, sagte der Ministerpräsident. Das verfange bei einem Teil der Wählerschicht. Solche Begriffe würden nicht helfen. Die AfD sei „eine Oppositionspartei wie jede andere, mit allen Rechten und Pflichten“.

AfD-Co-Chefin Alice Weidel zeigte sich nach dem guten Abschneiden ihrer Partei optimistisch, bei der Regierungsbildung in Sachsen und Thüringen mitzumischen. „Wir müssen festhalten, dass ohne die AfD keine stabile Mehrheitsbildung möglich ist“, sagte sie am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Sie glaube nicht, dass sich die „undemokratische Brandmauer“ durchhalten lasse. Ohne die AfD seien nur linke Mehrheiten möglich, dies wolle der Wähler nicht, befand Weidel. Wenn CDU und BSW in Thüringen mit linken Parteien koalierten, verlören sie auf Dauer ihre Glaubwürdigkeit. Der Wähler als Souverän habe sich in beiden Bundesländern für eine „bürgerliche Mehrheit der Mitte-Rechts-Koalition“ entschieden, sagte Weidel. Dass die AfD 30 Prozent der Wähler binde, könne nicht ignoriert werden.

In Thüringen sieht BSW-Landeschefin Katja Wolf eine mögliche Minderheitsregierung skeptisch. Eine Minderheitsregierung sei in der aktuellen Situation „keine gute Option“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Sie habe eine große Einigkeit auch bei den anderen Parteien vernommen, „dass eine Minderheitsregierung, so wie wir sie in den letzten fünf Jahren erlebt haben, so keine politische Zukunft haben darf in Thüringen“. Man müsse daher schnell in Gespräche kommen „und muss ausloten, was irgendwie möglich ist“. Co-Bundesvorsitzenden Mohamed Ali lehnt unterdessen eine Zusammenarbeit mit der AfD ab.

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt will mit Blick auf die schwierige politische Situation nach der Landtagswahl zunächst mit der SPD und dem BSW ins Gespräch kommen. „Wir bewegen uns hier in einer neuen Situation“, sagte Voigt am Montag. „Wir streben eine CDU-geführte Regierung an. Wir werden natürlich jetzt ausloten, welche Möglichkeiten unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen machbar sind“, sagte er. Aus den Erfahrungen, die man in Thüringen gesammelt habe, sei es „in einem ersten Schritt wichtig, mit der SPD und dem BSW diese Gespräche zu führen“.

Zunächst hatte es am Wahlabend nach einer möglichen Mehrheit für CDU, BSW und SPD ausgesehen, doch inzwischen ist klar, dass es dafür nicht reicht. Eine Koalition mit eigener Mehrheit ist in Thüringen ohne Einbeziehung von AfD oder Linke nicht möglich. Theoretisch denkbar wäre etwa eine Koalition aus CDU, BSW und Linke. Der CDU verbietet aber ein Unvereinbarkeitsbeschluss eine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete das gute Abschneiden der AfD als einen Einschnitt in die deutsche Nachkriegsgeschichte. „Das ist schon eine Zäsur. Auch wenn sich das durch Umfragen angedeutet hat: Wenn das Wahlergebnis real wird, dann spürt man erst mal, was sich in Deutschland verändert hat“, sagte der CSU-Politiker dem Radiosender Bayern 2. Söder äußerte sich nicht explizit dazu, ob die CDU in Thüringen am Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken festhalten soll. Wichtiges Ziel müsse nun sein, eine stabile Regierung zu bilden, „die dann auch etwas leisten kann“, sagte er.

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