Wien sagt endgültig Nein zum Sobieski-Denkmal

Wien hat den Forderungen nach der Errichtung eines Denkmals für den Türkenbefreier Jan III. Sobieski auf dem Kahlenberg eine endgültige Absage erteilt. Die Stadt Wien werde „keine Bühne errichten, die für ausländerfeindliche Hetze und das Schüren von islamfeindlichen und antitürkischen Ressentiments instrumentalisiert werden kann“, teilte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) am Freitag in einer Aussendung mit. Sie folge damit „wissenschaftlichen Erkenntnissen“.

Mit ihrer Entscheidung setzt sich Kaup-Hasler unter anderem über einen Antrag des Bezirksparlaments von Wien-Döbling hinweg, der im September mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Teilen der auf Stadtebene mitregierenden NEOS beschlossen wurde. Im Wiener Gemeinderat blieb in der Folge ein ähnlicher Vorstoß der ÖVP in der Minderheit. Entsprechend empört reagierten ÖVP und FPÖ. Die Freiheitlichen warfen der Stadträtin Wortbruch vor, weil die Stadt die Errichtung des Denkmals jahrelang versprochen habe. Polen hatte im Zuge der Diskussion im September ebenfalls sein Interesse an einem „würdigen Gedenken“ für Jan III. Sobieski bekräftigt.

„Wien hat ein würdiges Erinnerungszeichen bereits errichtet“, betonte Kaup-Hasler nun. Gemeint ist der im Jahr 2013 aufgestellte Sockel für das geplante Denkmal, der fünf Jahre später durch eine Inschrift im Sinne der Völkerverständigung ergänzt wurde. Damals hatte die Stadt Wien die Aufstellung eines in Polen gegossenen Reiterstandbilds für Sobieski abgelehnt. Eine österreichisch-polnische Historikerkommission hatte stattdessen ein „Friedens- und Allianzdenkmal“ vorgeschlagen, um an die Leistungen Sobieskis und die erfahrene Solidarität zu erinnern. Die im September 2018 angebrachte Inschrift stellt die Schlacht als „Kulminations- und Wendepunkt eines Ringens zweier Imperien“ dar und erinnert an die über 50.000 Todesopfer der Kämpfe. „Möge dieses Ereignis in Erinnerung bleiben, um an ein friedliches Zusammenleben der Menschen in Europa zu gemahnen!“

Kaup-Hasler habe die Entscheidung der Stadt auch dem neuen polnischen Botschafter in Wien, Zenon Henry Kosiniak Kamysz „in einem sehr ausführlichen Gespräch“ erläutert, teilte eine Sprecherin der Stadträtin der APA ergänzend mit. „Der massive Granitstein mit der Inschriftenplatte ist als Denkmal ausgestaltet“, unterstrich die Sprecherin.

Für Kaup-Hasler ist der Sockel „ein würdiges Denkmal“, dessen Ausgestaltung mit der im September 2018 angebrachten Inschrift „abgeschlossen wurde“. Doch noch zu Jahresbeginn hatte die Stadträtin in einer FPÖ-Anfragebeantwortung geschrieben, sie wolle den Prozess rund um das Lueger-Denkmal abwarten und danach „gemeinsam mit allen Stakeholdern einen Lösungsweg für eine zeitgemäße Form der Erinnerung“ erarbeiten. Eine Umsetzung des Sobieski-Denkmals sei nämlich „ohne breiten Konsens nicht wünschenswert und kontraproduktiv“.

Kaup-Haslers Sprecherin betonte am Freitag ergänzend dazu, dass damit „nicht die Umsetzung der Lueger-Kontextualisierung gemeint“ gewesen sei. „Die Erfahrungen rund um den Prozess der Kontextualisierung waren als Entscheidungsgrundlage ausreichend.“ Es habe „eine sehr lange Beschäftigung mit dem Thema“ gegeben und es sei „nicht ungewöhnlich, dass nun eine Entscheidung getroffen wurde“.

Das polnische Mitglied der von der Stadt Wien eingesetzten Historikerkommission, Bogusław Dybaś, äußerte Verständnis für das Nein zur Aufstellung des umstrittenen Standbilds, hofft aber weiter auf würdiges Gedenken an den Wien-Befreier. „Aufgrund des Charakters des Denkmals und seines geringen künstlerischen Wertes halte ich die Entscheidung des Magistrats der Stadt Wien für eigentlich gerechtfertigt, bedauere jedoch, dass sie so lange gedauert hat, hoffe aber gleichzeitig, dass sie den Weg für eine Entscheidung ebnen wird, mit der der Person des polnischen Königs Jan III., einer Figur der Geschichte Wiens, in einer würdigen Weise gedacht wird, die sowohl den Bewohnern der österreichischen Hauptstadt als auch den in Polen lebenden Polen und den in Wien und Österreich ansässigen bzw. lebenden Bürgern polnischer Abstammung gerecht wird“, teilte Dybaś der APA am Freitagabend auf Anfrage mit.

Sobieski gilt als „Befreier Wiens“, nachdem er am 12. September 1683 mit Truppen aus mehreren europäischen Ländern die osmanischen Truppen am Wiener Hausberg geschlagen und damit die zweite Belagerung der Donaumetropole beendet hatte. Zum Jahrestag finden am Kahlenberg alljährlich Gedenkfeiern statt, zu denen auch viele Polen anreisen. Allerdings wird die Schlacht am Kahlenberg auch von rechtsextremer Seite für Demonstrationen instrumentalisiert. Auch die rechtsextremen Terrorattentäter von Christchurch und Oslo nahmen in ihren bizarren Manifesten auf die Schlacht Bezug.

Scharfe Kritik an der Entscheidung Kaup-Haslers kam von FPÖ und ÖVP. „Über Jahre hinweg hat die rote Stadtregierung mehrfach versprochen, dass das Denkmal errichtet würde. Immer wieder wurden neue, völlig hanebüchene Ausreden präsentiert, warum sich die Errichtung verzögert. Die SPÖ wird schlicht wortbrüchig, wenn sie ihrem Versprechen nun nicht mehr nachkommen möchte“, teilte FPÖ-Kultursprecher Stefan Berger in einer Aussendung mit. Die ÖVP-Gemeinderätinnen Caroline Hungerländer und Laura Sachslehner konstatierten eine „Entscheidung, die sich frontal gegen ein würdiges Gedenken an Jan Sobieski richtet. Dieses Vorgehen ist der negative Höhepunkt einer jahrelangen Posse.“

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