Nach Babler-Forderung legte Luger Parteifunktionen zurück

Die SPÖ zieht eine eher halbherzige Konsequenz aus dem Linzer-Brucknerhaus-Skandal. Klaus Luger tritt zwar auf Wunsch von Bundes- und Landespartei als Stadtpartei-Vorsitzender ab, bleibt aber Bürgermeister. Damit erspart sich die Stadtpartei für den Herbst die Direktwahl eines Nachfolgers durch die Bevölkerung. Bleibt Luger noch bis Oktober kommenden Jahres, kann er ohne Volkswahl an einen Nachfolger übergeben. Der nächste etatmäßige Urnengang steigt erst 2027.

Der Skandal schwelt nun schon seit zwei Tagen, als bekannt wurde, dass der Bürgermeister dem mittlerweile vormaligen künstlerischen Leiter des Brucknerhauses vor dessen Hearing „allgemeine“ Fragen zu diesem übermittelt hatte. Luger hatte das über Monate abgeschritten und sogar nach dem Leck suchen lassen, das die Informationen weitergegeben habe. Zusätzliche Brisanz hat die Affäre dadurch, dass Kerschbaum wegen „schwerer Verfehlungen“ im Juli entlassen worden war. Unter anderem soll er fragwürdige „In-Sich-Geschäfte“ abgeschlossen haben. Kerschbaum bestreitet alle Vorwürfe.

Die Stadtpartei focht das nicht besonders an. Bei einer Klausur in Langenlois sprach man dem Bürgermeister noch am Vorabend geschlossen das Vertrauen aus, wohl auch, weil ansonsten bei einer Direktwahl durch die Bevölkerung im Gefolge des Skandals der Verlust des Amts für die Sozialdemokraten gedroht hätte. Hält Luger im Amt bis Oktober kommenden Jahres durch, bestimmt der Gemeinderat das neue Stadtoberhaupt.

Bundes- und Landespartei arbeiteten im Hintergrund indes an einer Lösung, wie die Causa der Partei im Nationalratswahlkampf nicht allzu sehr schaden möge und mit der man trotzdem den Bürgermeister-Sessel retten könne. Schließlich kam man überein, dass der Bürgermeister zwar im Amt bleibt, jedoch als Stadtparteivorsitzender geht.

Wie es dazu kam, diesbezüglich gibt es zwei Versionen. Lindner teilte mit, dass er sich darauf mit Luger verständigt habe. Die Bundespartei wiederum meint, dass erst die Drohung eines Schiedsgerichtsverfahrens, die Parteichef Andreas Babler am Nachmittag nach einer online abgehaltenen Präsidiumssitzung via Social Media ausgestoßen hatte, zum Einlenken des Stadtchefs geführt habe. Am Donnerstagabend meinte dann Luger selbst, „unverzüglich all meine Parteifunktionen in der SPÖ“ zurückzulegen. „Durch mein Verhalten habe ich viele Menschen enttäuscht, was mir schmerzlich bewusst ist. Das betrifft natürlich auch meine politische Familie, die SPÖ“, hieß es in einem schriftlichen Statement.

Die Begründung Lindners dafür, dass Luger Bürgermeister bleibt, ist interessant. Er halte es für richtig, dass dieser die Angelegenheit begleite und zur Aufklärung beitrage.

Babler meinte wiederum, Lugers Vorgehen sei „nicht zu entschuldigen“: Ein solches Verhalten habe „keinen Platz in der Sozialdemokratie oder überhaupt in der Politik.“ Dass Luger Bürgermeister bleibt, kritisierte Babler am Rande einer Wahlveranstaltung in Wien. Ginge es nach ihm, müsse dieser seinen Posten zur Verfügung stellen – „aber da hat die Kompetenz die Gemeindeordnung“, bedauerte er. Als Parteivorsitzender habe er jedenfalls für Klarheit gesorgt. In Bezug auf den Wahlkampf versprühte Babler trotz der Causa Luger Optimismus, die SPÖ habe noch nie so viel Rückhalt bekommen.

So ganz zufrieden sind mit der Lösung auch nicht alle in der oberösterreichischen SPÖ. Der Rieder SP-Vizebürgermeister Peter Stummer postete auf Facebook: „Herr Bürgermeister Luger, ziehen sie sich zurück. Korrupte Menschen dürfen in der Politik keinen Platz haben!“. Und auch der Welser SPÖ-Vizebürgermeister Klaus Schinninger sah laut einem Bericht der „Krone“ in Lugers Rückzug als Stadtparteichef und Bürgermeister die einzige Option.

Für die SPÖ zusätzlich pikant ist, dass der Wahlkampf-Auftakt kommende Woche wie schon seit längerem geplant gerade in Linz stattfindet, immerhin vor der Ars Electronica und nicht vor dem Brucknerhaus. Luger wird dort nicht teilnehmen, weil er beim Europäischen Forum Alpbach sei, erklärte Lindner.

Stadtpolitisch werden jedenfalls schon die Messer gewetzt. VP-Vizebürgermeister Martin Hajart denkt in Folge der Affäre an einen Misstrauensantrag. Er wolle sich mit den anderen Fraktionen deshalb abstimmen, hieß es am Mittwoch. Die notwendige Zweidrittelmehrheit dürfte aus aktueller Sicht kaum zu erreichen sein, nachdem die SPÖ 22 von 61 Gemeinderatsmandaten hat. Das heißt, zwei SP-Mandatare müssten sich den anderen Parteien anschließen. Für Montag ist ein Krisentreffen von ÖVP, FPÖ und Grünen geplant. Hajart gab sich „zutiefst erschüttert“. Auch die NEOS Linz wollen einem Misstrauensantrag zustimmen.

Grünen-Landessprecher Stefan Kaineder meinte, die SPÖ versuche händeringend Schaden von der Partei abzuwenden, nicht aber von der Stadt und den Bürgern.„Mittlerweile steht die Glaubwürdigkeit der gesamten SPÖ auf dem Spiel“, meinte Grünen-Generalsekretärin Olga Vogelauer. Es sei ein Millionenschaden entstanden. Ähnlich äußerte sich NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos am Donnerstag. „Was muss in unserem Land passieren, damit ein Bürgermeister zurücktritt“, fragte er sich. Neben dem Rücktritt Lugers forderte Hoyos „eine gründliche Untersuchung und absolute Transparenz“. FP-Generalsekretär Michael Schnedlitz sprach SP-Chef Babler die Kanzlertauglichkeit ab, habe dieser doch die eigene Partei nicht einmal ansatzweise im Griff.

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