„Digital Austria Act“: 117 neue Maßnahmen für mehr Digitalisierung
Online seit:Mit dem „Digital Austria Act“ hat die Regierung ihre Ziele für die Digitalisierung definiert. Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) präsentierten das 117 Maßnahmen und 36 Digitalisierungsgrundsätze umfassende, im Ministerrat beschlossene Paket am Donnerstag. Persönliche Dokumente werden kostenlos digital zugänglich sein, Stempelmarken abgeschafft, die elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) weiterentwickelt.
Bequemer, einfacher und sicherer sowie unter Berücksichtigung von Datenschutz und Barrierefreiheit soll die Digitalisierung in Österreich vonstattengehen, sagte Tursky. Hindernisse für die Digitalisierung sollen identifiziert und beseitigt werden. In Zukunft sollen beispielsweise persönliche Dokumente und Nachweise wie Meldeauskunft, Strafregisterauszug oder Heirats- und Geburtsurkunden über das Digitale Amt kostenlos abrufbar sein. Auch RSa- und RSb-Briefe soll man künftig nicht mehr bei der Post abholen müssen, sondern digital abrufen können. „Wir verstehen Verwaltung nicht mehr als Holschuld der Bevölkerung, sondern als Bringschuld“, so Tursky. Zugänglich sein sollen diese Informationen mittels des elektronischen Identitätsnachweises „ID Austria“.
Applikationen würden nun „mobile first“ – also für die Verwendung auf mobilen Endgeräten wie Smartphones – entwickelt. Im Bund gebe es über 80 verschiedene Apps, die es nun zu bündeln gelte, weist Tursky auch auf die Notwendigkeit einer „App-Strategie“ hin. Alle Services sollen weiterhin auch analog angeboten werden, mittels digitaler Kompetenzoffensive aber auch die Fähigkeiten der Bürger zum Umgang mit den Neuerungen gestärkt werden. Bei „Terminals“ – selbstbedienbaren Automaten – soll außerdem z.B. die „ID Austria“ ausgestellt oder Melderegister ausgedruckt werden können.
Ein Schwerpunkt des Pakets liegt im Gesundheitsbereich. Dort habe sich ein Digitalisierungsschub bereits während der Corona-Pandemie abgezeichnet, meinte Rauch im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Ihm schwebt vor, dass alle Gesundheitsdaten für Bürger verfügbar sein sollen, sodass niemand mehr „ausgedruckte Röntgenbilder herumtragen“ müsse. So soll etwa ELGA in den kommenden Jahren ausgebaut und von einer Datensammlung zu einer Datenbank werden. Befunde sollen standardisiert erfasst werden und so beispielsweise ein Vergleich von Laborwerten über längere Zeit möglich sein. Die Vorarbeiten dazu laufen bereits.
Angedacht wird auch, dass bestimmte Gesundheits-Apps von Ärztinnen und Ärzten verschrieben und die so gewonnenen Daten in ELGA abgespeichert werden können. Auch die Gesundheitshotline 1450 soll ausgebaut werden. Das „erste Eintrittstor ins Gesundheitswesen“ solle jedenfalls nicht die Spitalambulanz, sondern der digitale Raum sein, so Rauch. Weiterhin geben werde es eine „opt-out“ Möglichkeit für jene Menschen, die nicht wollen, dass ihre Gesundheitsdaten auf diese Weise verarbeitet werden.
Gesetze müssen vor ihrer Begutachtung in Zukunft auf ihre Digitalisierungstauglichkeit abgeklopft werden – Tursky spricht vom „Digi-Check“. Die 2021 entwickelte Künstliche-Intelligenz-Strategie werde upgedatet, neben einer von Tursky forcierten KI-Behörde wolle man auch eine KI-Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger schaffen.
Positive Rückmeldungen gibt es seitens der Industriellenvereinigung (IV) und der Wirtschaftskammer (WKÖ). Der „Digital Austria Act“ adressiere ein breites Feld wichtiger Digitalisierungsthemen – vom E-Government bis hin zur Bekenntnis zu digitaler Innovation und wichtigen Schlüsseltechnologien. „Die Umsetzung konkreter Maßnahmen und die Sicherstellung der notwendigen Infrastruktur können Österreich und Europa im Technologiewettlauf voranbringen“, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Dafür brauche es jedenfalls eine angemessene Finanzierung. Mariana Kühnel, stellvertretende WKÖ-Generalsekretärin begrüßt das Paket als wichtigen Schritt für die digitale Transformation. Es fördere das Ziel, „Österreich bis 2030 zu einem der attraktivsten Standorte für Innovationen zu machen.“
Kritik kommt von den NEOS. Digitalisierungssprecher Douglas Hoyos bemängelte u.a., dass Österreich beim Glasfaserausbau hinterherhinke und eine Datenstrategie fehle sowie dass NEOS-Forderungen wie rein digitale Gründungen oder ein One-Stop-Shop nicht im „Digital Austria Act“ vorkommen. „Neu formulierte Versprechen sind keine neuen Maßnahmen“, meinte Hoyos in einem Statement.