„Hausverstand und Sachverstand“

OÖVP-Klubchef Dörfel erwartet einen bunten Herbst und lobt Polit-Klima im Landtag

VOLKSBLATT: Halbzeit bei den Ferien, konnten Sie sich schon erholen?

DÖRFEL: Wirklich Ferien haben zwar nur die Schüler, aber es gibt natürlich im Sommer weniger Sitzungen und das heißt mehr Zeit in der Region. Auf Urlaub war ich auch schon und habe daher genug Kraft getankt für die kommenden Herausforderungen.

2024 wird ein Superwahljahr – AK, EU und im Herbst Nationalrat. Rechnen Sie damit, dass dadurch die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien schwieriger wird?

Wir haben ein gutes politisches Klima, das von Wertschätzung geprägt ist. Aber natürlich spielen Bundes- und EU-Themen auch eine Rolle. Aber wir bemühen uns um gemeinsame Lösungen. Das Resultat: 82 Prozent der Beschlüsse werden von mindestens drei Parteien mitgetragen und 50 Prozent sind einstimmig. Im Nationalrat hat man den Eindruck, dass überhaupt keiner mehr mit einem anderen kann. Dieser Ungeist soll im Landtag nicht einziehen. Aber natürlich: Je öffentlicher eine Sitzung, desto mehr prallen die Meinungen aufeinander, in den Ausschüssen ist ein ganz anderes Klima.

Ärgert es Sie, wenn aus der Bundes-FPÖ Zurufe kommen, dass es „anständig“ wäre, wenn auch die Spitzen der Landespolitik auf eine Erhöhung verzichten würden?

Ich ärgere mich nicht, habe es eigentlich erwartet. Man weiß, von wem die Zurufe kommen, er ist ein alter Quertreiber, ihm geht es nicht darum, Lösungen zu finden, sondern Unfrieden zu stiften. Die Besonderheit ist, dass er jetzt in der eigenen Partei Unfrieden stiftet. Wir haben in Oberösterreich einen tragfähigen Kompromiss gefunden, den wir bei gegebener Zeit auch umsetzen werden.

In den vergangenen Tagen wurden Teile Österreichs zum Katastrophengebiet. Durch den Klimawandel nehmen solche Wetterkapriolen zu …

Das ist ein weltweites Phänomen, dass auch nur weltweit bekämpft werden kann. In Oberösterreich fahren wir eine doppelte Strategie: Erstens setzen wir auf Klimaanpassung, um widerstandsfähiger zu werden. Wir haben gute Notfall-Pläne für alle Flüsse und entsprechende Ausrüstung für unsere Feuerwehren. Langfristig haben wir natürlich das Ziel, dass wir 2040 klimaneutral sind. Wir sind bei erneuerbaren Energien in fast allen Bereichen an der Spitze. Wir brauchen einen Grundkonsens und setzen auf Technologieoffenheit – also Hausverstand und Sachverstand. Aktionen, die polarisieren, wo es nur um die Schlagzeile und nicht um die Lösung geht – Stichwort Klimakleber – sind kontraproduktiv.

Kann es mit den Klimaklebern einen Dialog geben?

Das ist Zeitverschwendung. Die Klimakleber beschwören ein Weltuntergangsszenario, das in diesem Ausmaß nicht gegeben ist. Natürlich stehen wir vor großen Herausforderungen, aber wir brauchen keine Polarisierung, sondern einen Schulterschluss. Wir suchen das Gespräch mit den konstruktiven Kräften.

Eine Stellschraube ist auch die Raumordnung …

Natürlich ist das ein zentrales Thema. Wir haben ein strenges Raumordnungsgesetz und eine gute Raumordnungsstrategie, die wir jetzt auch umsetzen. Wir brauchen keine zusätzlichen Regelungen, aber mehr Sachlichkeit in der Diskussion. So werden etwa immer Begriffe vermischt: Flächenverbrauch ist nicht gleich Versiegelung – eine Parkanlage ist eine „verbrauchte“, aber keine versiegelte Fläche. Etwa 2,5 Prozent der Landesfläche sind versiegelt, aber mehr als 90 Prozent Grünland. Die Verwaldung kostet mehr landwirtschaftliche Nutzfläche pro Jahr als die Versiegelung. Natürlich haben wir Altlasten, aber wir gehen sehr sorgfältig mit Grund und Boden um. Es geht darum, den Raum zu ordnen.

Oberösterreich soll das Kinderland Nr. 1 werden. Wie weit ist man schon?

Wir haben in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte gemacht: Wir haben in den Kindergärten praktisch Vollversorgung. Wir bieten auch für 80 Prozent der Kinder eine Nachmittagsbetreuung an, die allerdings nur von 20 Prozent der Kinder in Anspruch genommen wird. Ab September gelten längere Öffnungszeiten, kleinere Gruppen und bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter. Aber die Kinderbetreuung außer Haus kann nur eine Ergänzung und Unterstützung für die Familien sein und nicht ein Ersatz. Unser Ziel ist Wahlfreiheit und ein bedarfsorientierter Ausbau.

Wie geht es Ihnen dabei als Bürgermeister?

Deshalb setze ich mich für eine Bedarfsorientierung ein und bin gegen einen Rechtsanspruch. Bei einem Rechtsanspruch müsste ich für jedes Kind einen Platz und das entsprechende Personal haben, egal ob wer kommt oder nicht. Bei der Bedarfsorientierung kann ich entsprechend den Wünschen der Eltern die Grundbetreuung sicherstellen. Und jede Gemeinde bemüht sich um eine gute Kinderbetreuung, denn das ist für die Familien auch für die Wahl des Wohnsitzes entscheidend. Und wenn es sich in kleinen Gemeinden aufgrund der Kinderzahlen nicht ausgeht, dann ist Zusammenarbeit das Zauberwort. Und da gibt sehr erfolgreiche Modelle.

Welche Themen stehen heuer im Herbst noch auf der Tagesordnung des Landtags?

Es steht ein bunter Herbst bevor. Die Themenpalette ist unglaublich: Auf der Agenda stehen auf jeden Fall die Neuorganisation des Tourismus, der Jugendschutz, Straßengesetz, ein neues Jagdgesetz oder eine Änderung des Umweltschutzgesetzes bezüglich der Lichtverschmutzung. Und vor allem der Landeshaushalt 2024.

Grundsätzlich kommt die Politik nicht so recht aus dem Krisenmodus. Nach Corona und dem Krieg in der Ukraine nun die Teuerung – warum soll man sich trotzdem politisch engagieren?

Natürlich wird uns allen dadurch bewusst, dass man eben nicht alles planen oder beeinflussen kann, Aber gerade dadurch gewinnt das Bedeutung, was wir beeinflussen können: unsere Heimat. Die müssen wir so gestalten, dass wir gerne hier leben. Und Politik bietet die Möglichkeit, meine Zukunft und die Zukunft meines Umfeldes mitzugestalten. Egoismus ist nicht angebracht, sondern das Zauberwort ist auch hier Zusammenarbeit.

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