Karner will effektivere Regeln für radikalisierte Sträflinge

Die Radikalisierung von islamistischen Straftätern auch nach einer Haft macht Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Sorge. Dementsprechend denkt er im APA-Interview an, „neue Möglichkeiten zu schaffen, sie aus dem Verkehr zu ziehen“. Eine Art Maßnahmenvollzug, also Freiheitsentzug nach Abbüßen der Haftstrafe, könnte für den Innenminister „eine Möglichkeit“ sein.

Karner argumentiert, dass im Bereich von Gefängnissen die Radikalisierung mancher potenzieller Attentäter nicht weniger geworden, sondern zum Teil sogar gestiegen sei. Natürlich stünden Gefährder auch jetzt schon nach der Entlassung weiter unter Beobachtung des Staatsschutzes. Aber es müsse Ziel sein, die Zahl von ihnen an sich zu reduzieren. Welche Maßnahmen dabei am geeignetsten seien, gelte es nun auszuarbeiten. Ansetzen könnte man etwa auch bei der Frage, welche Art von Mobilfunkkommunikation die entsprechende Personengruppe haben dürfe.

Wie viele Gefährder man derzeit am Radar hat, sagt Karner nicht: „Ich werde nicht über einzelne Zahlen spekulieren.“ Jedoch habe der islamistische Extremismus nach dem Angriff der Hamas auf Israel und den darauf folgenden Ereignissen deutlich zugenommen und die Gefährdung sei dementsprechend gestiegen: „Im Bereich des Verfassungsschutzes ist es jener Bereich, der die höchste Gefährdungslage darstellt.“

Dennoch ist Karner auch nach dem verhinderten Anschlag auf ein Taylor Swift-Konzert überzeugt, dass Großveranstaltungen in Österreich weiter durchführbar sind: „Es wird auch in Zukunft große, schöne, friedliche, freudvolle Feste und Veranstaltungen geben. Davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt.“

Dass der Anschlag verhindert werden konnte, sieht der Innenminister als Erfolg der Sicherheitsbehörden. Umso mehr empört ihn, dass mit FPÖ-Chef Herbert Kickl einer seiner Vorgänger keine Dankesworte für die Einsatzkräfte gefunden habe: „Kickl hat neuerlich sein wahres Gesicht gezeigt, ein Gesicht des Hasses und der Verachtung“. Der FP-Obmann sei nicht eine Sekunde bereit, sich bei den Polizisten dafür zu bedanken, dass sie für die Sicherheit der Menschen gesorgt haben: „Für ihn zählt nur der Herbert.“

Die FPÖ wies dies umgehend zurück: „Für Herbert Kickl zählt nämlich zuerst die österreichische Bevölkerung und nicht die illegalen Zuwanderer aus aller Herren Länder“, konterte FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung mit Verweis auf die Asylantragszahlen. „Bandenkriege, tägliche Messerstechereien und Gewaltexzesse, sexuelle Übergriffe, islamistischer Terrorismus – das sind die evidenten Folgen der substanzlosen PR-Politik der ÖVP. Darüber täuschen auch die völlig an den Haaren herbeigezogenen Verbalattacken auf Herbert Kickl nicht hinweg.“ Karners Aussagen seien bloß „markige Sprüche“ und „hohle Phrasen“.

Weiter uneinig ist sich die ÖVP jedenfalls mit dem Grünen Koalitionspartner, was das „Messertrageverbotsgesetz“ angeht. Die Einwände der Grünen, dass sein Vorschlag zu viele Ausnahmen vorsieht, kann Karner ebenso wenig nachvollziehen wie deren neue Vorschläge wie ein höheres Alterslimit für den Erwerb von Messern oder ein Alko-Limit für das Tragen von Stichwaffen. Seine Vorlage sei ein von der Polizei aus der Praxis heraus erarbeiteter Vorschlag, der umsetzbar sei. Derzeit sei es so, dass in den Verbotszonen wie am Wiener Reumannplatz Stichwaffen abgenommen werden können, ein paar Straßen weiter aber nicht mehr. Daher gehe es darum, die Regelung österreichweit auszurollen, um ein leichteres schnelleres Einschreiten für Gefährdungsszenarien zu ermöglichen. Nicht gedacht sei ein Verbot für Jausenmesser oder für das Brauchtum.

In der Asylpolitik beharrt Karner darauf, dass Schlepper einen Bogen um Österreich machen, sonst wären die Zahlen bei der illegalen Migration nicht dem europäischen Trend widersprechend um 65 Prozent, im Burgenland sogar um 97 Prozent zurückgegangen. Doch will der Innenminister auf europäischer Ebene Schritte dagegen setzen, dass de facto jeder Afghane oder Syrer einen Schutzstatus erhält.

Bei Syrien könnten die Region um Damaskus und eventuell ein zweites Gebiet als sicher definiert werden. Damit wäre es vorbei mit dem Automatismus, dass fast jedem Syrer subsidiärer Schutz oder Asyl zugesprochen werde. In Sachen Afghanistan sei man in intensiven Gesprächen, Flüchtlinge zumindest in die Region zurückzubringen. Dem steht die EU-Regel entgegen, wonach es eine Anbindung an das Land geben muss, in das abgeschoben wird. Karner drängt daher darauf, dass dieses „Verbindungskriterium“ wegfällt.

Nichts Neues hat der Innenminister Rumänien und Bulgarien zu bieten, die weiter auf eine Schengen-Vollmitgliedschaft warten. Man habe erst im Mai die passfreie Einreise über Flugrouten ermöglicht. Er halte nichts davon, wenn man da schon über den nächsten Schritt nachdenke.

„Das sture Beharren der ÖVP auf ihr unverantwortliches Schengen-Veto ist ein massiver Schaden für unsere Wirtschaft und eine Schikane für dringend benötigte Arbeitskräfte vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich“, kritisierte NEOS-EU-Mandatar Helmut Brandstätter in einer Stellungnahme. Österreich müsse sein Veto fallen lassen, forderte er.

Selbstverständlich wäre es unterdessen für Karner, nach der Nationalratswahl ein Abgeordneten-Mandat anzunehmen, trete er doch auf der niederösterreichischen Landesliste an. Er wäre aber „auch gerne bereit“, weiter die Funktion des Innenministers auszuüben.

Die mobile Version verlassen