„Teuerungswelle trifft junge Leute besonders stark“

Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm holt sich gute Ideen und konstruktive Kritik bei der Musikprobe in ihrem oö. Heimatort Walding

VOLKSBLATT: Vor neun Monaten wurden sie mit 26 Jahren als Staatssekretärin für Jugend, Ehrenamt und Zivildienst angelobt. Was hat Sie bisher am meisten überrascht und was macht Ihnen die meiste Freude in dieser verantwortungsvollen Position?

PLAKOLM: Mir macht die Aufgabe vor allem große Freude, weil man mit vielen engagierten jungen Leuten zusammenarbeiten kann und weil wir auch viel weitergebracht haben in diesen neun Monaten. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Gerade im Bereich psychische Gesundheit ist es uns gelungen, ein 13 Millionen Euro schweres Paket „Gesund aus der Krise“ zu schnüren, mit dem junge Menschen psychologische Hilfe unkompliziert und kostenlos in Anspruch nehmen können. Das haben gerade die jungen Menschen gebraucht in Zeiten des monatelangen Lockdowns. Ich setze mich auch dafür ein, dass wir dieses Programm wieder verlängern. Oder beim Thema Eigenheim bzw. erste eigene Wohnung – da ist es uns gelungen, dass wir ein Bestellerprinzip bei Maklergebühren einführen, also dass der bezahlt, der den Makler beauftragt. Weiters haben wir umgesetzt, Schulklassen nach dem Vorbild der Wien-Woche unkompliziert nach Brüssel zu bringen. Das waren große Erfolge im Jugendbereich. Darum ist es auch wichtig, dass ein eigenes Jugendstaatssekretariat geschaffen wurde.

Zuletzt haben Sie für Aufsehen gesorgt, weil Sie in Zusammenhang mit der Pensionserhöhung auf die Generationengerechtigkeit verwiesen haben. Können Sie das präzisieren und auch an Zahlen festmachen, wie viel das den Staat bzw. die Steuerzahler zusätzlich kosten würde?

Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil der SPÖ-Pensionistenverband den Vorschlag gemacht hat, sämtliche Pensionen um zehn Prozent zu erhöhen – da reden wir von der Ausgleichszulage bis hin zu den Höchstpensionen. Es gibt aber rund 40.000 Bezieher, die 5000 Euro oder auch mehr Pension bekommen. Ich denke, ab einer gewissen Höhe sollte die gesetzliche Anpassung von 5,8 Prozent reichen, die bekommt ohnehin jeder. Alleine die gesetzliche Anpassung bedeutet für den Staat Zusatzausgaben von 3,4 Milliarden Euro, bei einer generellen Erhöhung von zehn Prozent wären das laut Agenda Austria um 5,9 Milliarden Mehrkosten. Da verstehe ich nicht, warum wir vor einigen Jahren ein Gesetz geschaffen haben, das eine automatische Pensionsanpassung in Höhe der durchschnittlichen Inflation vorsieht. Warum soll man dann jedes Jahr neu verhandeln. Natürlich trifft die Teuerung viele Menschen besonders hart, da müssen wir treffsicher unterstützen, daher bin ich auch für sozial gestaffelte Zusatzzahlungen, die ja auch angedacht sind. Mir ist schon wichtig, im Sinne der Generationengerechtigkeit darauf hinzuweisen: Wir können nicht unendlich Schulden machen und der Staat kann nicht jede Teuerung bis auf den letzten Cent ausgleichen. Wir müssen da auch an die nächsten Generationen denken, die heute noch die Schulbank drücken – und die das erst einmal an Steuergeldern erwirtschaften müssen.

Die aktuelle Teuerungswelle verschont auch die Jugend nicht. Wenn man etwa daran denkt, dass ein junger Mensch angesichts der neuen Kreditrichtlinien – mindesten 20 Prozent Eigenkapital und Rückzahlungsrate nicht mehr als 40 Prozent des Einkommens – wohl kaum ein Eigenheim finanzieren kann, wie kann man da helfend gegensteuern?

Die Jugend trifft die Teuerung besonders stark, weil junge Menschen am Beginn ihres Erwerbslebens stehen, oft noch deutlich weniger verdienen und dennoch die gleichen Ausgaben haben wie ältere, wenn ich an Miete, Strom und Heizkosten denke. Gerade das Thema „eigene vier Wände schaffen“ oder etwas aufzubauen trifft die Jungen in Zeiten der Teuerung noch stärker – das war schon vor der hohen Inflation schwer leistbar, egal ob in der Stadt oder am Land. Um jungen Leute unter die Arme zu greifen gibt es mehrere Schrauben, an denen man drehen kann, sowohl in der Bundespolitik als auch auf Landesebene. Ich suche gerade eine politische Mehrheit, um die staatlichen Nebenkosten aufs erste Eigenheim zu senken oder vielleicht ganz abzuschaffen – da reden wir etwa von der Grunderwerbssteuer oder von den Eintragungsgebühren ins Grundbuch. Das macht schon einen ordentlichen Anteil aus, wenn man sich eine Eigentumswohnung oder einen Baugrund anschaffen will. Auch bei Sanierungskosten – da sind OÖ und NÖ ja Spitzenreiter – muss es für junge Leute finanziell attraktiv sein, dass sie bestehende Leerflächen übernehmen und nach eigenen Vorstellungen herrichten. Das wäre auch im Sinne der Nachhaltigkeit und des Bodenverbrauches wichtig.

In Ihrer Funktion als JVP-Bundesobfrau haben Sie zuletzt verstärkt das Ehrenamt in den Mittelpunkt gerückt. Dieses hat vor allem während der vergangenen Corona-Jahre viel an Zulauf verloren. Zuletzt sprachen Sie von einer Servicestelle für das Ehrenamt, die Sie einrichten wollen. Was ist darunter genau zu verstehen und was erwarten Sie sich davon?

Ich war gerade unter dem Motto „Ehrenamt ist Ehrensache“ mit der JVP-Sommertour bei mehr als 80 Vereinen in den Bundesländern unterwegs – von der OÖ-Tafel in Wels über die Goldhaubenfrauen und die Landjugend bis hin zum Pfadfinderlager und Blaulichtorganisationen. Es war überall spürbar, unsere Freiwilligen sind echte Optimisten, die selbst nach diesen schwierigen Jahren der Corona-Pandemie wieder anpacken und viel Nachwuchsarbeit machen. Auch wenn Corona gerade im gesellschaftlichen Vereinsleben Spuren hinterlassen hat. Darum ist es so wichtig, dass wir wieder frisch fürs Ehrenamt begeistern. Wir haben das Ehrenamt ja in unserer DNA in Österreich, jeder Zweite ab 15 Jahren engagiert sich in der Freizeit ehrenamtlich. Eine andere Idee, die ich mitgenommen habe von den Tour-Gesprächen ist eine physische Ehrenamt-Servicestelle, die bei rechtlichen und logistischen Fragen oder bei Förderfragen konkret unterstützt. Vor allem, weil es immer heikler wird, Ehrenamtliche zu finden, die Verantwortung übernehmen, etwa ein Feuerwehrkommando, weil es dabei auch um die Haftung geht.

Wie schaut Ihre persönliche Zukunft aus – bezüglich Studium und Politik?

Beim Studium bin ich mit allen Kursen und Prüfungen fertig. Vor zwei Jahren habe ich meine letzte Prüfung absolviert. Jetzt fehlt nur noch die Diplomarbeit, die wird ehrlicherweise aber auf ruhigere Zeiten warten müssen. Ich freue mich über meine derzeitige Aufgabe und die nächsten Monate werden herausfordernd bleiben. Ich hoffe, dass wir noch einiges aus dem Regierungsprogramm weiterbringen werden und dem ist derzeit mein Fokus gewidmet.

Und wie war der heurige Sommer im Rückblick – blieb Zeit für ein paar Tage Urlaub und Treffen mit Freunden in Oberösterreich?

Ich verbringe den Sommerurlaub gern in Österreich und an den schönen Seen in OÖ. Ich bin nicht weit gereist und habe mir ein paar Tage Zeit genommen, in den Bergen wandern zu gehen und daheim zu sein. Mein Bezug zu OÖ ist noch immer sehr eng, ich schaue, dass ich am Freitagabend in die Musikprobe gehen kann und habe gerade erst beim Frühschoppen am Marktfest in Walding gespielt. Mein Ausgleich zum Alltagsstress ist das Vereinsleben daheim, das Gespräch und das Miteinander mit allen Generationen. Da bekomme ich auch die ehrlichste Rückmeldung zur Politik – mit guten Ideen und auch konstruktiver Kritik.

Mit Staatssekretärin CLAUDIA PLAKOLM sprach Harald Engelsberger

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