Klaus Mitterdorfer ist mit sofortiger Wirkung als Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) zurückgetreten. Das teilte der Verband am Donnerstagabend mit. Die für Freitagnachmittag geplante Außerordentliche Präsidiumssitzung wurde abgesagt. Damit kommt es auch nicht zu einer Abstimmung darüber, ob Silvia Kaupa-Götzl als ÖFB-CEO installiert wird. Gegen diesen Vorschlag Mitterdorfers hatte sich eine breite Mehrheit abgezeichnet, daher zog der Kärntner die Reißleine.
Mitterdorfer wandte sich via Verbands-Aussendung an die Öffentlichkeit: „Ich habe immer versucht, das große Ganze zu sehen, konstruktiv im Sinne des Fußballs zu agieren und gemäß meiner Werte verbindend zu wirken. Letzteres ist zuletzt nicht (mehr) gelungen und daher ist der Zeitpunkt gekommen, die Konsequenzen zu ziehen. Ich habe immer betont, dass ich mich nicht verbiegen werde, und dazu stehe ich auch. Die persönlichen Diffamierungen und Anschuldigungen der letzten Wochen vor und besonders auch hinter den Kulissen haben nicht nur meine Familie und mich in meiner ehrenamtlich ausgeführten Funktion, sondern in der Gesamtheit auch den ÖFB stark belastet“, schrieb Mitterdorfer in einer persönlichen Erklärung.
Lesen Sie auch
Außerdem erklärte der scheidende Präsident: „Ich hoffe sehr, dass es meinen Nachfolger:innen gelingt, dass die Sache selbst – nämlich der Fußballsport in allen seinen Facetten – wieder im Mittelpunkt der Arbeit und des Einsatzes stehen kann und wünsche dem gesamten ÖFB, den Nationalteams und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur das Beste für die Zukunft.“
Finalisierung von Trainingszentrum Aspern als Erfolg
Der 59-Jährige trat seinen Job am 8. Juli 2023 an, davor hatte Niederösterreichs Landeschef Johann Gartner nach dem Rücktritt von Gerhard Milletich für einige Monate als Verbandschef fungiert. Unter Mitterdorfer wurde das ÖFB-Trainingszentrum in Wien-Aspern endgültig finalisiert, und die Männer-A-Auswahl schwang sich in seiner Regentschaft zu so manchen Höhen auf. Nun könnte die Nationalmannschaft und ihr Teamchef Ralf Rangnick gehörigen Anteil an der Ablöse Mitterdorfers gehabt haben.
Der ÖFB-Präsident schaffte es wie seine Vorgänger nicht, den Konflikt zwischen ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer und -Geschäftsführer Bernhard Neuhold in den Griff zu bekommen, daher entschloss er sich, beide ihres Amtes zu entheben. Am 18. Oktober wurde Mitterdorfer vom Präsidium mit der Vollmacht ausgestattet, die Dienstverhältnisse von Hollerer und Neuhold zu lösen.
Rangnick und Teamspieler erhöhten Druck auf Mitterdorfer
Beiden wurde bisher gemäß APA-Informationen ein Angebot zur einvernehmlichen Trennung unterbreitet, das nicht angenommen wurde, woraufhin die Kündigungen in Kraft gesetzt wurden. Die drohende Trennung von Neuhold ließ aber Rangnick und die Teamspieler auf die Barrikaden steigen, sie erhöhten mit ihren Aussagen in den vergangenen Tagen den Druck auf Mitterdorfer massiv. So sprach Rangnick etwa von „gar keinem Verhältnis“ zum Präsidenten. Eine längerfristige weitere Zusammenarbeit der beiden zeichnete sich als schwierig bis unmöglich ab, zumal Rangnick am längeren Ast sitzt, schließlich weiß er weite Teile der Öffentlichkeit hinter sich.
Mit dem Abgang Mitterdorfers ist auch die geplante Strukturreform mit einem CEO, zwei untergeordneten Geschäftsführern und einer Verlagerung gewisser Kompetenzen vom Präsidium zu hauptamtlichen Mitarbeitern zumindest vorerst vom Tisch. „Angesichts der aktuellen Umstände war es aus meiner Sicht von höchster Priorität, im ÖFB sehr zeitnah für Klarheit und Ruhe in Form einer neuen hauptamtlichen Führung mit fundierten Managementqualitäten zu sorgen und die Aufgabe der raschen Weiterentwicklung mit viel Erfahrung und Know-how in Angriff zu nehmen. Die Mehrheit im Präsidium für diesen straffen Prozess ist in den letzten Tagen leider geschwunden“, wurde Mitterdorfer in der Verbandsmitteilung zitiert.
Nun geht es darum, dass der ÖFB bis zur nächsten Bundeshauptversammlung, die nach aktuellem Stand für 18. Mai 2025 in Bregenz angesetzt ist, handlungsfähig bleibt. Daher wäre wohl eine interimistische Führung durch derzeitige Präsidiumsmitglieder naheliegend.
Schmid oder wieder interne Lösung?
Für die Wahl im kommenden Mai werden dann die Karten neu gemischt. Eine neuerliche interne Lösung ist nicht ausgeschlossen, allerdings dürfte auch Roland Schmid Ambitionen auf den ÖFB-Chefposten haben. Der Unternehmer scheiterte schon knapp bei seinen Bewerbungen als Rapid-Präsident (2019) und ÖFB-Präsident (2021), sein Verhältnis zu Rangnick gilt als ausgezeichnet. Schmid wäre der erste Verbandsboss seit Friedrich Stickler (2002 – 2008), der nicht aus dem Präsidium aufrückt.
Nicht infrage kommt auf jeden Fall Georg Pangl. Der frühere Bundesliga-Vorstand trat ebenfalls am Donnerstagabend „aus persönlichen Gründen“ als Präsident des Burgenländischen Landesverbands zurück und scheidet damit auch aus dem ÖFB-Präsidium aus.