ÖSV-Adler fahren in Topform zur Vierschanzentournee

Kraft: „Wir sind brutal stark“

Die österreichischen Skispringer haben sich mit einem Dreifachsieg unmittelbar vor Weihnachten selbst beschenkt. Dank der erfolgreichen Generalprobe in Engelberg reisen die ÖSV-Adler um Stefan Kraft, Daniel Tschofenig und Jan Hörl nach einer kurzen Verschnaufpause im Kreise ihrer Familien mit reichlich Aufwind zur 73. Vierschanzentournee. Das rot-weiß-rote Trio peilt beim Schanzenspektakel rund um den Jahreswechsel den ersten österreichischen Tourneesieg seit zehn Jahren an.

„Das Ziel ist natürlich, dass der Adler in Österreich bleibt“, betonte ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher im APA-Interview. Den goldenen Adler für den Triumph bei der Vierschanzentournee gewann zuletzt Kraft in der Saison 2014/15. Nun soll die Durststrecke endlich enden, die Voraussetzungen dafür waren selten besser. Am Sonntag gewann Tschofenig vor Hörl und Kraft, tags zuvor hatte Hörl vor Tschofenig triumphiert. Einen rot-weiß-roten Dreifachsieg im letzten Bewerb vor der Tournee gab es zuletzt vor 45 Jahren.

Auch deshalb darf Cheftrainer Andreas Widhölzl gelassen Richtung Oberstdorf blicken. „Die Ausgangssituation ist sehr positiv, wir sind gut aufgestellt“, sagte der 48-jährige Tiroler. Florian Liegl betrachtete die Lage nüchtern. „Das, was bisher passiert ist, ist sehr positiv. Aber es ist keine Garantie, dass wir uns bei der Tournee was abholen“, ergänzte der Sportliche Leiter der Skispringer im ÖSV. Am Freitag reist das ÖSV-Team ins Quartier im Kleinwalsertal, ehe am Samstag im Allgäu die Qualifikation für das Auftaktspringen am Sonntag (jeweils 16.30 Uhr/live ORF 1) erfolgt.

ÖSV-Adler laut Widhölzl in Jägerrolle

Widhölzl gab seinen Schützlingen über die Weihnachtsfeiertage auch ein paar Hausaufgaben mit. „Nicht auf die faule Haut legen, es geht ja schnell wieder weiter“, betonte der Tourneesieger von 1999/2000. Ein „bissl ausspannen“ vor der nächsten stressigen Phase sei freilich in Ordnung. In der Favoritenrolle sieht Widhölzl seine Überflieger nicht, zumal Pius Paschke nach einem schwächeren Wochenende in der Schweiz mit den Rängen 10 und 18 weiter das Gelbe Trikot trägt. „Das heißt nicht, dass er eine Formkrise hat. Er ist sicher nach wie vor der Favorit als Gesamtweltcupführender. Aber wir sind in der Jägerrolle und fühlen uns wohl dabei“, sagte Widhölzl.

Ähnlich sieht es Kraft, der die schwierigen Bedingungen in Engelberg mit dichtem Schneefall als Ursache für die kürzeren Sprünge des Oberbayern ausmachte. „Es war schon anders, die Spur war langsamer. Auch wenn er geschwächelt hat, er ist schon stark drauf“, sagte der 31-jährige Salzburger über den bisherigen Saison-Dominator. Für Tschofenig ist Paschke ebenfalls der Topfavorit. „Pius ist im Gesamtweltcup vorne und war bis jetzt konstanter als wir. Wir dürfen ihn ein bisschen jagen. Er wird zu schlagen sein“, sagte der Kärntner.

Duell Österreichs mit Deutschland

Vor vollen Kulissen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen deutet sich ein spannender Länderkampf zwischen den beiden Co-Gastgebern an. Alle bisherigen zehn Saisonsiege gingen entweder an Deutschland (5x Paschke, 1x Andreas Wellinger) oder Österreich (je 2x Hörl und Tschofenig). Beide Nationen sehnen sich schon lange nach dem Befreiungsschlag bei der Tournee, der bis dato letzte deutsche Sieger war Sven Hannawald 2001/02.

Titelverteidiger Ryoyu Kobayashi springt hingegen seiner Form hinterher, der Japaner hat in dieser Saison noch kein Top-Ten-Resultat vorzuweisen. Tschofenig warnt: „Kobayashi darf man bei der Tournee nie abschreiben, da ist er immer stark und er kam zuletzt auch besser in Form“, sagte der 22-Jährige. „Es gibt viele Leute, die auf einen Schlag da sein können, in der einen Woche Pause kann viel passieren. Und wenn jemand in den Flow kommt, kann es schnell gehen.“ Für Hörl zählen noch der Schweizer Gregor Deschwanden oder der Norweger Johann Andre Forfang zum Favoritenkreis.

Die ÖSV-Adler, die im WM-Winter bisher in allen Bewerben auf dem Stockerl gelandet sind, können jedenfalls befreit zum ersten Saisonhighlight fahren. „Das bringt einfach eine gewisse Gelassenheit ins Team, wenn nicht nur einer performen muss“, erklärte Tschofenig. Kraft freut sich auch, dass der Druck auf mehreren Schultern verteilt wird. „Natürlich wäre ich gerne wieder Topfavorit und hätte das Gelbe Trikot mit 300 Punkten Vorsprung. Aber so ist es schon feiner. Vielleicht bringen wir da heuer wirklich einen durch. Wir sind brutal stark, die Voraussetzungen sind gut und wir können uns gegenseitig hochpushen“, sagte der Gesamtweltcupsieger. Hörl ist ebenfalls zuversichtlich. „Die Teamleistung ist heuer unglaublich, das ist sensationell. Jetzt die Weihnachtszeit mit der Familie genießen und dann mit voller Frische zur Tournee.“

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