Peter-Michael Reichel: „Bin sehr zuversichtlich für das Turnier in Linz“

Tennis-Macher Peter-Michael Reichel über die derzeitigen Probleme als Veranstalter und eine Zusammenlegung von ATP und WTA

Peter-Michael Reichel mit Tochter Sandra und Maria Scharapowa beim Upper Austria Ladies 2019 © gepa pictures

Der in der Schweiz lebende Welser Peter-Michael Reichel (67) ist als langjähriges Mitglied im „Board of Directors“ der WTA (Women’s Tennis Association) und Berater der von seiner Tochter geführten Reichel Business Group, die die Turniere in Linz und Hamburg veranstaltet, in Corona-Tagen wie diesen besonders gefordert.

VOLKSBLATT: Wie geht es Ihnen in der derzeitigen Situation?

PETER-MICHAEL REICHEL: Persönlich gut, danke. Im Tennis ist aber besonders schwierig. Wir haben das Problem, dass, selbst wenn einige Länder Turniere freigeben sollten, wir nicht wissen ob unsere Leute überhaupt reisen dürfen.

„Halbwegs normaler Betrieb ab September“

Wie könnte es nach der Absage aller Turniere bis 31. Juli weitergehen?

Wir hoffen, dass ab September ein halbwegs normaler Betrieb möglich ist, wenn auch mit eingeschränkter Zuschauerzahl und entsprechenden Schutzmaßnahmen.

Ihr Turnier in Hamburg hätte ja im Juli stattfinden sollen. Wie geht es weiter?

Wir haben mit dieser Absage gerechnet, wollen aber Hamburg heuer zu einem späteren Zeitpunkt, eventuell sogar Indoor und auf einem anderen Belag, unbedingt durchziehen. Viele Entscheidungen hängen daran, was mit den US Open passiert.

„Für Linz haben wir drei, vier Varianten in Planung“

Für ihr Linzer Traditionsturnier im Oktober könnte es sich aber ausgehen?

Für das Upper Austria Ladies bin ich schon sehr zuversichtlich, dass es stattfindet. Die Frage ist wann und in welcher Form. Wir haben drei, vier verschiedene Varianten in Planung.

Steht auch eine Verschiebung zur Diskussion?

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Es gibt derzeit viele Fragezeichen, so ist ja auch der neue Termin von Paris Ende September/Anfang Oktober noch nicht bestätigt. Wird er das, rutscht aber das Turnier in Peking nach hinten und dann müssen auch wir den Termin anpassen, denn gleichzeitig zu einem Premier-Turnier brauchen wir nicht zu spielen. Wir können aber nicht einfach sagen, dass das Turnier zwei Wochen später stattfindet, weil da ja vielleicht die Halle besetzt ist. Deshalb prüfen wir alle Optionen.

Auch die eines Turniers ohne Zuschauer?

Bevor nichts stattfindet, muss man es wohl so machen, aber Geisterspiele sind die allerallerletzte Lösung.

Was bedeutet es für einen Veranstalter, wenn ein Turnier komplett ausfällt?

Das ist natürlich sehr belastend, weil das ganze Jahr über an einem Turnier gearbeitet wird und laufend Kosten anfallen, die Einnahmen des Turniers dann aber ausbleiben. Wir haben für uns das Modell Kurzarbeit angenommen.

„Verhandlungen über geringere Preisgelder“

Kann man derzeit überhaupt an einem Starterfeld arbeiten?

Wir halten natürlich Kontakt zu diversen Spielerinnen und ihren Manager, aber viel hängt diesbezüglich vom Termin ab.

Zur Verbandsebene, wie kann man den Turnierveranstaltern helfen?

Es laufen die Verhandlungen zwischen Spielern und Veranstaltern von WTA und ATP, dass die Preisgelder gesenkt werden, um den Ausfall von Eintrittsgeldern und anderen Einnahmen zumindest teilweise zu kompensieren.

Und den in der Weltrangliste schlechter klassierten Spielern?

Da gibt es ja den Solidaritätsfonds, an dem sich alle vier Grand-Slam-Turniere sowie ITF, ATP und WTA beteiligt und insgesamt sechs Millionen aufgestellt haben. Daraus bekommen die Spieler von Platz 100 bis 500, die zuletzt nicht entsprechend Geld verdienen konnten, einen Notgroschen.

„Tennis gemeinsam und bestmöglich vermarkten“

Stichwort ATP und WTA, zuletzt sind wieder Stimmen aufgekommen, wonach man die Verbände zusammenlegen sollte. Wie stehen sie dazu?

Seit ich ein Member des Boards bin, arbeite ich daran, dass wir Tennis gemeinsam und bestmöglich vermarkten. Dass Roger Federer damit hinausgegangen ist, war gut für die Sache, es hat breite Zustimmung und nur wenige Gegenstimmen gegeben.

Was wäre der Vorteil?

Wenn die beiden Spieler-Organisationen gemeinsam agieren, dann haben sie natürlich auch eine entsprechend starke Position, unter anderem gegenüber den Grand-Slam-Turnieren.

„Damen und Herren sind bestes Produkt“

Und sonst?

Fakt ist, dass das beste Produkt für Zuschauer, Medien und Sponsoren Turniere mit Damen und Herren gemeinsam sind. Das sieht man ja bei den Grand Slams und den anderen großen Events. Wenn man es gemeinsam macht, gibt es für alle mehr Geld — das müssen manche aber erst verstehen.

Wo könnten die Fallstricke lauern?

Natürlich auch beim Finanziellen. Die Herren haben derzeit wesentlich höhere Medieneinnahmen und wollen die sicher nicht mit den Damen aufteilen. Die große Frage, die zu klären ist: Wie teilt man, wenn man die bisherigen Einnahmen jeweils für Damen und Herren einfriert, künftig lukrierte Gelder auf? Da gilt es einen Konsens zu finden.

Wie schaut der Zeithorizont aus?

Wenn man diesen Weg, der sicher dem gesamten Tennis helfen würde, tatsächlich bestreiten will, müssen noch heuer wichtige Entscheidungen fallen.

Mit Tennis-Macher PETER-MICHAEL REICHEL sprach Roland Korntner