Sturm mit unvergesslichem 5:0 – Katzenjammer bei Salzburg

Der 6. Oktober 2024 wird Sturm Graz und Salzburg lange in Erinnerung bleiben. Während sich der Meister nach der Heim-5:0-Gala im Schlager in einem Hoch befindet, heißt es beim ehemaligen Serienchampion Wunden lecken und Ursachenforschung für ein Zwischentief unter Coach Pepijn Lijnders zu betreiben. Vor allem die Anfälligkeit in der Defensive ist aktuell eine große Baustelle der „Bullen“, die in den jüngsten zwei Pflichtspielen neun Gegentore kassierten.

Für die Grazer stimmt der Weg in Richtung erfolgreicher Titelverteidigung. Wie 2023/24 wurden sechs der ersten neun Ligaspiele gewonnen, einen Punkt vor Rapid lachen sie von der Tabellenspitze. Das war nur eine Nebenerscheinung am Sonntag, beeindruckender war der Auftritt der Truppe von Coach Christian Ilzer. „Der Sieg ist in einer eindrucksvollen Art und Weise gelungen. Es war eine enorme Leistung in allen Facetten des Spiels, ein Abend, den man nicht so schnell vergessen wird“, resümierte der Steirer. Die neue Sturm-Mannschaft habe „ordentlich Grüß Gott gesagt“.

Das gelang nach der zweiten Enttäuschung in der Champions League in Folge, einem Heim-0:1 in Klagenfurt am Mittwoch gegen Brügge. „Wir haben gegen Brest und Brügge auch alles versucht, die Niederlagen waren ein großes Thema, da gab es für uns auch Anschauungsbeispiele, Erfahrungen, Lernphasen. Wir haben die Schlüsse aus diesen Spielen gezogen“, schilderte Ilzer seine Sicht. Entschlossenheit, Aggressivität und Spielwitz zeichneten die Grazer aus und führten zu einer echten Machtdemonstration.

„Wir haben Salzburg viele ihrer Stärken genommen“, betonte Ilzer. Die „Bullen“ fanden in 90 Minuten keine Topchance vor. „Wir haben ein unglaubliches Spiel gemacht, gefühlt keinen Zweikampf verloren. Ich weiß nicht wann eine Mannschaft zuletzt so gegen Salzburg gespielt hat. Das war richtig geil“, sagte Rechtsverteidiger Jusuf Gazibegovic. Unvergessen wird das Spiel auch für Mika Biereth bleiben, der erstmals in seiner Profi-Karriere über einen Triplepack (30., 50., 62.) jubelte und mit sieben Toren die Führung in der Schützenliste übernahm.

„Wir hatten einen super Tag, haben es richtig gut gelöst und einen wichtigen Sieg eingefahren. Es war auf jeden Fall mein bestes Spiel für Sturm, ein sehr spezieller Sieg“, fasste der Stürmer zusammen. Das wird er nach einer „perfekten Leistung“ auch für Andreas Schicker gewesen sein. Der Sport-Geschäftsführer steht vor einem Wechsel zum deutschen Bundesligisten 1899 Hoffenheim. Zwischen dem Club und Schicker herrscht Einigkeit, nun fehlt noch das Ja der Grazer bezüglich der Ablösemodalitäten.

Am (heutigen) Montag ist eine Vorstandssitzung angesetzt, zu erwarten ist, dass eine Vollzugsmeldung danach nicht lange auf sich warten lassen wird. Schicker war auch schon in der Vergangenheit mit einem Wechsel in Verbindung gebracht worden. Das trifft auch auf Ilzer zu, dessen Erfolg in Graz genauso Begehrlichkeiten geweckt hat. Ob er in Zukunft vielleicht Schicker nach Hoffenheim folgen könnte, wollte er nicht bejahen oder ausschließen. „Ich habe es immer so gehandhabt, wenn was Konkretes am Tisch ist, dann befasse ich mich damit, das ist jetzt definitiv nicht der Fall.“

Solche Probleme haben die Salzburger aktuell nicht. Da ist der Stand der Dinge, dass Trainer Pepijn Lijnders nach einem starken Beginn mit nur zwei Siegen in den jüngsten acht Pflichtspielen in die Kritik geraten ist. Mit seinem Festhalten an Janis Blaswich als Einsertormann anstelle des wieder fitten Alexander Schlager macht er sich vor allem bei den Salzburger Fans keine Freunde. Nach dem Debakel in Graz gab er zu, dass es durch die Niederlagen gegen Rapid (2:3) und Sparta Prag in der „Königsklasse“ (0:3) einen „Bruch“ gegeben habe.

Auch der zwischenzeitliche Ausfall des mittlerweile wieder fitten Mads Bidstrup und das noch längere Fehlen von Maurits Kjaergaard habe Spuren hinterlassen. „Wir haben das Selbstvertrauen verloren, Instabilität ist dazu gekommen. Wir müssen in der letzten Linie besser verteidigen“, sagte Lijnders. Neun Gegentore in zwei Pflichtspielen – am Dienstag ein CL-0:4 gegen Brest – sprechen Bände. Erst zum zweiten Mal in der „Bullen“-Ära kassierte der Club in der Liga fünf oder mehr Tore. Bitterer war nur das historische 0:7 in Wals-Siezenheim gegen Rapid am 23. März 2008.

„Es ist schwer zu erklären. Es war eine schlechte Leistung von uns allen. Es gibt Phasen, wo man sich fragt, wie kann das sein. Die Qualität haben wir sicher in der Mannschaft“, verlautete Amar Dedic, dessen muskuläre Probleme keinen längeren Ausfall mit sich bringen dürften. Auch von Leandro Morgalla gab es Entwarnung, nachdem er wegen Übelkeit früh ausgetauscht worden war. „Es geht mir wieder gut. Wir sitzen in einem Boot und gehen davon aus, dass wir das wieder hinbekommen.“

Da viele Kicker die Reisen zu ihren Nationalteams antreten, wird in den nächsten Tagen nur eine kleine Gruppe bei der Aufarbeitung in Salzburg dabei sein. „Warum sind wir ein Schatten von uns selbst? Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen“, sagte Lijnders. Problemzonen sind Defensive als auch Offensive wie die jüngsten Auftritte gezeigt haben. Sportchef Bernhard Seonbuchner wollte für eine genauere Analyse erst eine Nacht „drüber schlafen“ und dann alles intern besprechen. „Man muss selbstkritisch sein, so einen Auftritt wollen wir nicht sehen“, sagte der Deutsche.

Es habe nicht an einzelnen Spielern gelegen. „Es war kollektiv eine sehr schlechte Leistung.“ Da die Salzburger vor der vergangenen Länderspielpause ein anderes Gesicht gezeigt hätten, könne es an der Qualität der Truppe nicht liegen. „Sie haben schon gezeigt, dass sie es besser können.“ Am 19. Oktober bietet sich zu Hause gegen Altach die Chance, es besser zu machen. „Wenn wir aus den heutigen Erfahrungen lernen, wird es eine gute Saison. Dann können wir Schritte nach vorne machen. Sonst nicht“, meinte Lijnders. Sturm tritt am 19. Oktober im Derby gegen den GAK an. „Da wollen wir für klare Verhältnisse sorgen“, betonte Gazibegovic.

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