Niederländische Offensivpower gegen englischen Hypnose-Fußball: Eines der beiden Länder wird nach dem Halbfinale von Dortmund am Mittwoch (21 Uhr/live ServusTV und ARD) im EM-Finale in Berlin stehen.
Im bisherigen Turnierverlauf hat „Oranje“ trotz der 2:3-Niederlage gegen Österreich in der Gruppenphase mehr überzeugt. England schoss Traumtore und zeigte Klasse am Elfmeterpunkt, ließ spielerisch aber viel vermissen.
Die Niederländer warten seit 1988 auf einen großen Titel, England sogar seit 1966. Im Fall der Niederlande stemmte Ronald Koeman, heute Teamchef, den Henri-Delaunay-Pokal in die Höhe.
„Es wird ein großartiger Abend am Mittwoch zwischen zwei großen Nationen in der Geschichte“, versprach Koeman. Der 61-Jährige hat seine Mannschaft gefunden. Mit neun Treffern stellt die „Elftal“ die zweitbeste Offensive hinter Spanien, im Gegensatz zu England errangen die Niederländer ihre drei Siege innerhalb der regulären Spielzeit.
Liverpools Cody Gakpo führt mit drei Treffern die Torschützenliste an. „Um ehrlich zu sein, sehe ich bei ihnen keine Schwächen. Sie sind ein sehr gutes Team und haben einen tollen Trainer“, lobte Luke Shaw von Manchester United.
Kritik am Erfolg
Englands Teamchef Gareth Southgate ist mit permanenter Kritik konfrontiert. Während dieser Endrunde wird dem 53-Jährigen die Art und Weise vorgehalten, wie er spielen lässt. Denn obwohl die Offensive um Kapitän Harry Kane, Champions-League-Sieger Jude Bellingham, Phil Foden und Buyako Saka mit Weltklasse-Akteuren glänzt, ist vor allem defensive Stabilität gefragt.
„Wir sind im Moment nicht in der Lage, viele Tore zu schießen. Aber auch hier haben wir gegen drei Mannschaften gespielt, die mit einer Fünferkette spielen und eine sehr gut organisierte Abwehr haben“, erklärte er. Ein 1:0 gegen Serbien, seither viermal Remis nach 90 Minuten. Trotzdem lebt die Hoffnung auf den großen Triumph. Bellinghams herrlicher Fallrückzieher gegen die Slowakei oder der 1:1-Ausgleich von Saka im Viertelfinale gegen die Schweiz belegen das. Im Elfmeterschießen gegen die „Nati“ exekutierten alle fünf englischen Schützen nahezu unhaltbar. Defensiv lässt man nicht viel anbrennen.
Southgate hat das Team nun schon bei drei Großereignissen ins Halbfinale geführt, vor drei Jahren stand man in London im EM-Finale. „Ich verstehe die Kritik nicht“, sagte daher Shaw. „Er hat uns Profis auf ein neues Level gehoben. Kein Trainer war in der jüngeren Vergangenheit so erfolgreich wie er.“ Und der Verteidiger fügte sogar hinzu: „Wir Spieler lieben ihn. Er ist genau das, was wir brauchen. Er ermöglicht uns, auf dem Feld unser Bestes zu zeigen.“
Die Niederlande sind allerdings der stärkste Gegner, mit dem der Weltmeister von 1966 in Deutschland bisher konfrontiert ist. Serbien, Dänemark, Slowenien, die Slowakei und die Schweiz hat man bereits abgehakt. Die Niederländer hatten es mit Polen, Frankreich, Österreich, Rumänien und der Türkei zu tun. Vor allem das ÖFB-Team und die Türkei zeigten ein Problem auf, nämlich defensive Unordnung bei Standards.
Erwartet wird, dass Koeman seiner Stammelf treu bleibt. Das heißt wohl, dass Memphis Depay als zentraler Stürmer beginnen wird. Southgate kann wieder auf Innenverteidiger Marc Guehi von Crystal Palace zurückgreifen, der gegen die Schweiz gesperrt war.