Sie spielt nicht Hildegard Knef, jene so abgebrüht wirkende Femme fatale mit der tiefen rauen Stimme. Gabriele Deutsch erzählt ihre Sicht einer Frau, die zwar mit Greta Garbo oder Marlene Dietrich verglichen wurde, als Schauspielerin, Sängerin und Autorin aber beispiellos blieb.
Emanzipiert in einer Zeit, als erst wenigen der Begriff geläufig war, flimmerte 1951 für Sekundenbruchteile ihre nackte Brust über die Leinwand. Die Öffentlichkeit skandalisiert, vereinnahmt, stigmatisiert sie als „Die Sünderin“. Sie wird zur Ikone und Hassfigur zugleich. Der europaweite Skandal bricht aber auch Zuschauerrekorde.
Die vielen Facetten eines Künstlerlebens
Gabriele Deutsch vertieft sich in die Vita der Knef, deren Todestag sich am 1. Februar zum 20. Mal jährt, macht sie zu ihrer eigenen. Die Dramatisierung von Gilla Cremer erzählt in Ich-Form. Sechs Mal musste die Premiere verschoben werden, bummvoll am Mittwoch der Posthofsaal.
Chronologisch berichtet sie im Rückblick von Erfolgen und Abstürzen, interpretiert die inneren Katastrophen, zeichnet das Psychogramm einer Frau so, dass man nicht nur das Schicksal dieser Bühnenfigur, sondern die vielen Facetten eines Künstlerlebens generell zu spüren meint. Schauspielerisch bleibt Deutsch sie selbst, auf der Strecke singt sie „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ nur kurz an.
Fern vom Knef´schen Timbre, überlässt sie dem kongenialen David Wagner am Klavier die Melodie zum Improvisieren. Da bedarf es keiner Coverversion, die Knef-Stimme verbreitet sich unweigerlich im Raum und in der Erinnerung. Vor die Schnodderigkeit und Bitterkeit der Knef stellt Deutsch ihre eigene Verletzbarkeit. Mehrmals steht „Tapetenwechsel“ an. Die Lieder, zum Klavier fast nur gesprochen, interpretiert sie ausdrucksstark, fast mädchenhaft, poetisch zart.
Auch wenn Deutsch in der Ich-Form spricht, bleibt sie auf Distanz, wie eine beste Freundin, die tief mitfühlt, versteht und erklärt. Vom ersten Höhenflug in Amerika bis zu Tiefpunkten, als etwa ihr Manager sie um ihr ganzes Vermögen bringt. Sie berichtet von der Rückkehr nach Berlin, einem Leben zwischen Realität und Sehnsüchten, immer auf der Überholspur, immer Angst vorm Versagen.
Deutsch durchleuchtet genau, nimmt mit in ein ergreifendes Erlebnis- und Gefühlsspektrum zwischen Erfolgen und Beziehungskatastrophen, schweren Operationen, Morphiumabhängigkeit und Krebs-Diagnose. Im Schlussmonolog kommt sie ihrer Figur ganz nahe. „Glück — ein Kniefall vor dem Zufall“. Lebensweise räsoniert sie über ein Leben voller Höhen und Tiefen. Das Publikum zeigt sich tief berührt von beiden großartigen Persönlichkeiten. Viel Applaus.