Wenig Bruckner zum Finale

Brucknerfest: Feierlicher Abschluss mit Pultstar Stefan Soltész

Dirigierte das Bruckner Orchester: Stefan Soltész
Dirigierte das Bruckner Orchester: Stefan Soltész © Reinhard Winkler

Das Motto des heurigen Brucknerfestes, „Kontroverse“, hat mit der Gegenüberstellung von Bruckner- und Brahmswerken reichlich verwöhnt. Dass ausgerechnet zum Finale ein gar bescheidener Abschied für den Festpatron auf dem Programm stand, war allerdings ein wenig enttäuschend.

Denn sonst hatte zu diesem Anlass traditionsgemäß in der St. Florianer Stiftskirche immer ein sinfonischer Beitrag das Festival beendet. Wenn die Änderung der Vortragsfolge aber auf die Umbesetzung am Pult des Bruckner Orchesters zurückzuführen ist, konnte sie restlos begeistern.

Gelungenes Debüt beim Brucknerfest

Statt Christoph von Dohnányi dirigierte der ebenfalls aus Ungarn gebürtige, in Berlin lebende Stefan Soltész zur großen Freude des Orchesters und Publikums mit gesteigerter Kraft eines gemeinsamen Musizierens bei seinem Debüt beim Brucknerfest. Es ist schon etwas seltsam, dass Soltész, Jahrgang 1949 — seit seiner Emigration nach Ausbildung in Wien und als Swarowski-Schüler Kapellmeister an der Wiener Staatsoper —, längst von großen Opernhäusern der Welt verpflichtet und gesucht wird, erst jetzt in Linz Station machte.

Vorgestellt hat er sich mit Liszt-Werk „Von der Wiege bis zum Grabe“, einer der schwächsten sinfonischen Dichtungen des betagten Meisters, von dem diese archaische Tonsprache gewöhnungsbedürftig wäre, wäre sie nicht mit so viel Liebe ausgeführt worden. Auffallend unmittelbar ließ darauf Soltész Bruckners Adagio für Streichorchester aus seinem einzigen Streichquintett F-Dur in einer arrangierten Fassung folgen. Ein gar bescheidener letzter Gruß für das Fest des Namenspatrones, aber immerhin Gelegenheit für den Beweis der Qualität unserer Streicher. Das übrige Orchester hatte Pause, wie auch — eigentlich unnötig bei der Kälte des Gotteshauses — das Publikum.

Textlich wie musikalisch prachtvoll aufgeführt

Der „Kontroverse“ wegen war Brahms als Hauptbeitrag zum Fest angesetzt. Sein siebenteiliges „Deutsches Requiem“ nach Worten der Heiligen Schrift, entstanden zwischen 1861 und 1868, steht ganz oben auf der Beliebtheitsskala von Chören und war diesmal mit dem bestaufgestellten Bachchor Salzburg (Einstudierung: Anna Milukova) in einer textlich wie musikalisch prachtvollen Aufführung zu erleben. Die Solisten Jacquelyn Wagner (Sopran) und Michael Volle (Bariton) trugen wesentlich dazu bei.

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Soltész war für den vokalen und orchestralen Einsatz ein beredter Animator von emotionaler Stärke und einem Einfühlungsvermögen, wie es die Trauermusik von Brahms in ihrer unorthodoxen inhaltlichen Behandlung erfordert. Von der Seligpreisung, Verheißung der Erlösung bis zur Steigerung zu oratorischer Größe in der gewaltigen Schlussfuge spannte sich der Bogen zu einer ergreifenden Aussage als eine Verbeugung, dass Brahms den christlichen Erlösungsgedanken so genial bar jeder konfessionellen Einstellung vertonte. Erst nach Sekunden der Andacht setzte der starke Beifall ein.