Agrarexporteure wegen hoher Inflation unter Kostendruck

Die Lebensmittelproduktion hat sich spürbar verteuert © APA/THEMENBILD/BARBARA GINDL

Das Defizit im internationalen Austausch von Agrarwaren und Lebensmitteln hat heuer im ersten Halbjahr von rund 200 auf 900 Mio. Euro spürbar zugelegt. Die Exporte sanken im Jahresabstand um 2,3 Prozent auf 8,3 Mrd. Euro, während die Importe um 6,1 Prozent auf 9,2 Mrd. Euro stiegen. „Der höhere Importanteil schafft auch einen hohen Druck auf unsere Produzenten und Hersteller“, betonte AMA-Marketing-Geschäftsführerin Christina Mutenthaler-Sipek in einer Pressekonferenz.

Österreichische Lebensmittel seien aber global nach wie vor sehr geschätzt: Mengenmäßig legten die heimischen Exporte heuer in den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum auch um 7,2 Prozent auf 5,3 Mio. Tonnen zu. Die Einfuhren erhöhten sich aber fast doppelt so stark um 13,2 Prozent auf 5,5 Mio. Tonnen.

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Als Herausforderungen für die heimischen Hersteller nannte die Marketing-Chefin der Agrarmarkt Austria die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie die Inflation, die sich zuletzt aber beruhigte. „Die Preise sind für den Konsumenten sofort erkennbar, die Preise in der Herstellung dahinter nicht“, erklärte Mutenthaler-Sipek.

International würden die „Natürlichkeit und Qualität“ der österreichischen Produkte sehr geschätzt. „Wir liefern vor allem in die EU und in die Nachbarländer.“ Der Transport in weiter entfernte Märkte sei zu teuer geworden.

„Unser Spitzenreiter ist Deutschland“, so die Marketing-Chefin. Dorthin gingen heuer im ersten Halbjahr 38,4 Prozent der Agrarexporte. Das war sogar ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr (37 Prozent). „Seit 2020 haben wir eine positive Außenhandelsbilanz mit Deutschland – diese konnten wir auch im ersten Halbjahr halten und sogar etwas steigern“, so Mutenthaler-Sipek.

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„Auf Deutschland ist Verlass – unsere deutschen Nachbarn bleiben den österreichischen Lebensmitteln treu“, vermerkte die Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Katharina Koßdorff. „Das ist nicht selbstverständlich, denn die wirtschaftliche Lage in Deutschland hat sich in letzter Zeit eingetrübt.“

„Unser Exportschlager bleibt weiter Käse“, sagte Mutenthaler-Sipek mit Blick auf das Nachbarland. Hier gab es heuer im ersten Halbjahr allerdings einen wertmäßigen Rückgang des Exportvolumens um 2,7 Prozent auf 250 Mio. Euro. Die Anerkennung des AMA-Gütesiegels in der deutschen Tierhaltungskennzeichnung war ein wichtiger Schritt für die Lieferungen nach Deutschland. Dafür seien über eineinhalb Jahre hinweg umfassende Verhandlungen geführt worden. „Die deutschen Konsumentinnen und Konsumenten schätzen unsere hohe Produktqualität, außerdem verbringen sie hier gerne ihren Urlaub, haben also eine emotionale Bindung.“

In anderen Märkten war die Entwicklung weniger rosig – wertmäßig waren die Exporte in sechs der zehn wichtigsten Abnehmerländer im ersten Halbjahr 2024 rückläufig – trotz steigender Liefermengen. Nur in Richtung Tschechien gingen sowohl Exportwert (minus 8,9 Prozent) als auch Exportmenge (minus 3,8 Prozent) zurück. „Wir haben in vielen dieser Destinationen an Wettbewerbsfähigkeit verloren“, sagte Koßdorff. Im Gesamtjahr 2023 sei Österreich gegenüber 2022 noch „recht gut unterwegs“ gewesen und hätte erst mit zwei Ländern ein Exportminus verbucht.

„Es ist generell Sand im wirtschaftlichen Getriebe – auch in Österreich“, so die Branchensprecherin. Die Industrie stecke im dritten Jahr in der Rezession. „Das bleibt nicht ohne Folgen für die Lebensmittelindustrie.“ Die abgesetzte Produktionsmenge an Eistee, Limonaden, Energydrinks, Tierfutter und anderen Lebensmittelprodukten sei heuer im ersten Halbjahr um 0,6 Prozent zurückgegangen und stagniere wertmäßig bei einer schwarzen Null. Gleichzeitig hätten sich die Importe von Lebensmitteln nach Österreich erhöht. Österreichs Lebensmittelindustrie sei laut Konjunkturdaten des ersten Halbjahrs in eine Rezession gerutscht.

„Die Arbeitskosten sind stärker gestiegen als in anderen Ländern“, strich die WKÖ-Fachverbandschefin hervor. Die Branche mit rund 200 Unternehmen und 27.000 direkt Beschäftigten fordert nun von der nächsten Bundesregierung dringend eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine Befreiung von der „Überregulierung“.

2023 setzte die Lebensmittelindustrie den Angaben zufolge ein Produktionsvolumen von 12 Mrd. Euro um. Heuer in den ersten sechs Monaten stagnierte der Wert bei 5,2 Mrd. Euro. „Die exportierte Menge ist leicht gestiegen – die schwarze Null ist auf die erfolgreiche Lieferung nach Deutschland zurückzuführen“, so Koßdorff. Drei Viertel der Lebensmittel und Getränke gehen in die EU, ein Viertel wird in Drittstaaten exportiert. „Die Exporte in die EU sind wertmäßig leicht gestiegen, jene in die Drittländer weisen ein zweistelliges Minus auf.“