Den Weltspartag, der heuer erstmals am 24. Oktober gefeiert wurde, nahm das VOLKSBLATT zum Anlass, um die fünf Chefs der oberösterreichischen Regionalbanken zu ihren Erwartungen bezüglich Zinsentwicklung, Standortsicherung und Kreditgeschäft zu befragen.
Die Fragen (an die Vertreter in alphabetischer Banken-Reihenfolge gestellt):
- Wie werden sich die Zinsen im kommenden Jahr entwickeln, welche Schritte der EZB erwarten Sie?
- Was bedeutet das für die Sparzinsen?
- Wie entwickelt sich das Kreditgeschäft – besonders bei den privaten Häuslbauern?
- Welche Maßnahmen sind für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts notwendig?
„Nicht wieder negativer Leitzins“
Hypo OÖ CEO Klaus Kumpfmüller:
- „Die Zinsen werden, das ist meine persönliche Meinung, bis Ende 2025 auf das Niveau von zwei Prozent sinken. Ich erwarte im kommenden Jahr vier Zinsschritte.“
- „In puncto Sparzinsen ist es wichtig, dass es nicht wieder zu einem negativen Leitzinssatz kommen wird. Generell orientieren sich Zinsen für Einlagen und Krediten an den Richtwerten der EZB.“
- „Dieses entwickelt sich sehr gut, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus beginnend. Wir haben deutliche Steigerungsraten bei der Hypo Oberösterreich.“
- „Es geht darum, Leistungsbereitschaft und Leistungswillen zu belohnen. Also mehr Leute in Vollzeit zu bringen. Darüber hinaus muss die Bürokratie abgebaut werden. Insbesondere auf EU- und staatlicher Ebene.“
„EZB hat volle Glaubwürdigkeit zurückerlangt“
Oberbank – Generaldirektor Franz Gasselsberger:
- „Es wird auf jeden Fall nach unten gehen. Es werden vier, fünf, möglicherweise sechs Zinsschritte kommen. Am Ende des Jahres werden wir einen Leitzinssatz von 2,5 Prozent haben, vielleicht sogar etwas tiefer. Die Europäische Zentralbank hat ihre Glaubwürdigkeit wieder voll zurückerlangt und will damit die Konjunktur stimulieren.“
- „Natürlich gehen auch die Sparzinsen nach unten, wie weit, lässt sich noch nicht genau abschätzen. Das wird die Sparquote reduzieren, aber das ist auch gut so, denn wir wollen ja das Geld nicht nur auf den Sparbüchern und in den Einlagen sehen, sondern auch im Konsum.“
- „Wir sehen seit März, April, dass sich der Wohnbau-Finanzierungsmarkt stetig nach oben entwickelt. Die Leute merken, dass die langfristigen Zinsen bereits um über 1 Prozent gesunken sind, dass die Inflation und die Lebenshaltungskosten sich günstig entwickeln. Das sollte zu einer Verbesserung der Stimmung führen und die Leute motivieren, sich ein Lebensprojekt wie den Hausbau leisten zu können.“
- „Neben den fallenden Zinsen brauchen wir ein glaubwürdiges Reformpaket. Erst muss das Budget saniert werden, dann müssen die Kosten runter, um den Faktor Arbeit entsprechend zu entlasten. Darauf warten die Menschen, daran wird sich eine neue Regierung messen lassen müssen.“
„Jetzt noch höhere Sparzinsen sichern“
Raiffeisenlandesbank OÖ – Generaldirektor Heinrich Schaller:
- „Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass die EZB die Zinsen weiter senken wird. Die Inflation ist dementsprechend auf dem Weg nach unten, daher hat sie auch den Spielraum dafür und für die gesamte Wirtschaft ist das auch sehr wichtig.“
- „Eine Konsequenz aus den EZB-Zinssenkungen ist, dass sich auch die Sparzinsen nach unten bewegen. Daher ist gut, sein Geld jetzt noch längerfristig anzulegen, weil man jetzt noch mehr Zinsen bekommt.“
- „Wirklich angesprungen ist die Nachfrage noch nicht, wir sehen aber verstärktes Interesse. Die Leute interessieren sich wieder dafür und es wird ihnen auch bewusst, dass die Immobilienpreise gleich geblieben oder sogar leicht gefallen sind, sie aber deutlich mehr Gehalt bekommen. Das heißt, das Eigenheim wird wieder leistbarer und das wird den privaten Wohnbau wieder ein wenig nach oben bringen.“
- „Wir brauchen ganz sicher Investitionsanreize für die Unternehmen, Anreize für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie gerne Leistung und sogar mehr Leistung bringen, denn es nichts hinderlicher, wenn ich zusätzliche Leistung bringe und davon nichts habe, weil es zum Großteil ans Finanzministerium abzuliefern ist. Wenn wir das schaffen, haben wir einen großen Schritt gemacht. Zusätzlich braucht es eine echte Deregulierungsoffensive, weil durch diese Regulierung der Aktionsfreiraum für die Unternehmen massiv eingeschränkt wird und wir dadurch immer wettbewerbs-unfähiger werden.“
„Stabilisierung, damit positive Stimmung entsteht“
Sparkasse OÖ – Generaldirektorin Stefanie Christina Huber:
- „Wenn man sieht, dass die Inflation laufend zurückgeht und in den Zielkorridor der EZB hinein kommt und zeitgleich die Wirtschaft noch nicht recht anspringt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die EZB die Zinsen weiter senken wird.“
- „Die Sparzinsen atmen mit den EZB-Leitzinsen mit, deshalb ist zu erwarten, dass es Rückgänge gibt. Wir bieten deshalb schon seit geraumer Zeit an, sich die Zinsen zumindest auf ein Jahr noch zu sichern, damit man sich noch einen kleinen Polster verschaffen kann.“
- „Es gibt eine Belebung, es ist aber noch ganz so, wie wir es uns wünschen würden. Nicht nur für uns, sondern für die Gesellschaft. Ein Eigenheim ist ja etwas sehr Langfristiges, was viel mit Vorsorge zu tun hat. Dass das wieder leichter möglich wird, wünschen wir uns alle und wir finanzieren das natürlich sehr gerne.“
- „Es braucht im Moment sehr viel, ein echtes Gesamtpaket, das für Stabilisierung sorgt: Also konstante Rohstoff- und Energiepreise, Konjunkturpakete und Entbürokratisierung, damit dann wieder mehr Mut und eine positive Stimmung entsteht, damit die Menschen auch wieder Neues wagen.“
„Die Vollzeitquote muss erhöht werden“
VKB – Generaldirektor Markus Auer:
- „Die Zinsen werden sinken. Es kann sein, dass es heuer noch einen Zinsschritt nach unten seitens der EZB geben wird. Ich hoffe nur, dass es keine negativen Zinsen geben wird.“
- „Da sich Kredit- und Sparzinsen am Referenzsatz der EZB orientieren, wird es wohl da wie dort zu Anpassungen kommen.“
- „Wir merken hier wieder einen Aufwind. Die Nachfrage ist hoch, aber die Abschlüsse sind noch nicht auf dem Niveau. Hier merkt man, dass der Wunsch nach Eigentum nach wie vor stark vorhanden ist. Der Beratungsaufwand ist in dem Bereich höher geworden.“
- „Wir müssen die Bürokratie abbauen. Diese hat in den vergangenen Jahren spürbar zugelegt. Ich denke da beispielsweise an die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dabei ist es nicht nur die Menge der Vorschriften, sondern auch die raschen Änderungen diesbezüglich, die Unternehmen zu schaffen macht. Darüber hinaus muss unbedingt die Vollzeitquote erhöht werden.“
Von Roland Korntner und Oliver Koch