Sie waren im Kindesalter gezwungen, mit ihrer Mutter und Schwester vor dem Krieg im Kosovo zu flüchten. Sie haben Flüsse durchschwommen und sind zu Fuß von Ungarn nach Österreich gegangen. Der Tod des Vaters wird vor ihnen geheim gehalten.
Im Flüchtlingslager Bad Kreuzen schaufeln sie Schnee aus den Zufahrten von Privathäusern, im Flüchtlingslager Sankt Georgen im Attergau reparieren sie Fahrräder. Nuri macht aus 50 kaputten 30 fahrbereite. Adri lackiert diese mit weggeworfenen Spraydosen. Die Buben nutzen ihre Talente und arbeiten hart. Nuri wird Kfz-Techniker, Adri Kfz-Spengler und -Lackierer.
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Jetzt sind beide Brüder selbständig. Mit 20 Mitarbeitern aus 15 Nationen sind ihre TÜV-geprüften Betriebe Integrationsmotoren. Mit ungebrochenem Unternehmer- und Pioniergeist bilden sie sich ständig weiter und sind Vorreiter in der E-Mobilität.
„Wenn ich mich nicht verzählt habe, sind es 126 Zertifikate“, antwortet Nuri Bugari auf die Frage, wie viele Weiterbildungskurse er absolviert hat. „Ich mache alles, was mich und unsere Firmen weiterbringt.“ Schon 2018 erkennen die Brüder, dass sich die E-Mobilität rasant entwickeln wird.
Weil aber noch keine Hochvolttechnik-Ausbildung angeboten wird, organisieren Adri und sein älterer Bruder Nuri diese kurzerhand in Eigenregie. „Wir haben einen Seminarraum in einem Gasthaus in unserer Nähe gebucht und für drei Tage einen zertifizierten Ausbildner engagiert“, erzählt Adri.
Schon damals setzte die Österreichische Post AG auf elektrisch betriebene Zustellautos. „Wir waren die einzige Werkstatt, die diese E-Transporter bei Schäden abschleppen und reparieren konnte“, sagt Adri. Bis heute haben die Brüder bei E-Mobilität die Nase vorne.
Weil ihre Werkstatt markenungebunden ist und über alle nötigen Ausbildungszertifikate und Prüfinstrumente verfügt, ist sie von allen Herstellern autorisiert, die zur Einhaltung der Garantie notwendigen Servicearbeiten durchzuführen. Das gilt für E-Autos genauso wie für alle Verbrenner.
„Ich kenne in Oberösterreich keine zweite Werkstatt, die TÜV-zertifiziert ist und Wartungsarbeiten für alle Automarken durchführen darf“, sagt Nuri Bugari. Über das Engagement der Brüder in der Nachwuchsförderung freut sich Jörg Silbergasser.
„Insgesamt 17 Lehrlinge wurden im KFZ-Fachbetrieb von Nuri und im Karosserie- und Lackierungs-Fachbetrieb von Adri Bugari bisher ausgebildet“, sagt der Landesinnungsmeister der Fahrzeugtechniker. „Zehn haben die Lehrabschlussprüfung mit Auszeichnung abgeschlossen“, betonen die Brüder nicht ohne Stolz.
Das unternehmerische Selbstverständnis der beiden unterstreicht auch eine weitere bemerkenswerte Tatsache. Seit der Firmengründung haben Adri und Nuri nur eigenes Geld in die Firma investiert. Anfangs habe ihm sogar das Geld für ordentliches Werkzeug gefehlt, erinnert sich Nuri Bugari.
„Vieles habe ich ausgeliehen oder am Flohmarkt gekauft – wie einen kaputten Druckluftkompressor, den ich repariert habe. Einen Kredit für Werkzeug aufzunehmen, hätte ich niemals gewagt.“ Weil sich das handwerkliche Geschick der Bugaris schnell herumspricht, wächst der Kundenkreis schnell.
„Dann haben uns plötzlich Werkstatt-Ausrüster zuerst Werkzeuge und später sogar eine Hebebühne zur Verfügung gestellt – ohne dass wir danach gefragt hätten, einfach, weil sie an uns geglaubt haben. Wir haben alles nach und nach abbezahlt“, erinnern sich Adri und Nuri an die arbeitsintensive Startphase.
„Wir haben oft bis spät in die Nacht gearbeitet und dann in der Werkstatt geschlafen.“ Beide Unternehmen an der Traunuferstraße in Ansfelden sind rasant gewachsen und beschäftigen mittlerweile 20 Mitarbeiter.
Die beiden Bugari-Firmen beschäftigen ein sehr internationales Team. Die Mitarbeiter kommen aus Afghanistan, Bosnien-Herzegowina, dem Irak, dem Kosovo, Kroatien, Nordmazedonien, Pakistan, Portugal, Rumänien, Somalia, Syrien, Tschetschenien, der Türkei, Ungarn und Österreich. Kommuniziert wird ausschließlich auf Deutsch.
„Die Sprache ist neben einer guten Ausbildung der zweite Schlüssel, um sich hier gut zu integrieren und wohlzufühlen“, betonen Adri und Nuri, die beide nach Österreich gekommen sind, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Gerade unter Männern ist das Auto ein dominantes Gesprächsthema. Ständig werden Erfahrungen ausgetauscht und so sprachliche Kompetenzen ausgebaut. Weil die Werkstatt außerdem eine extrem bunte Kundenschar hat, ist diese ein wahrer Integrationsmotor.
„Zu uns kommen Privatkunden und Geschäftsleute genauso wie Liebhaber von Sportwägen oder Kunden, die wir noch aus unserer Zeit in den Flüchtlingslagern kennen“, erzählt Adri Bugari. Am neuen Standort wollen die Brüder dann auch weibliche Mitarbeiterinnen einstellen.
Die Voraussetzungen dafür sind schon jetzt gut. Fünf der sechs Kinder des Brüderpaares sind Mädchen, die zum Teil jetzt schon gerne mitarbeiten. „Ich bin überzeugt, dass eines unserer Mädchen in ein paar Jahren als Lehrling in der Werkstatt ist“, sagt Nuri Bugari.