EZB warnt vor erhöhten Risiken für das Finanzsystem

Vizepräsident: Neben geopolitischen und politischen Risiken nehmen die Spannungen im Welthandel zu

Die Europäische Zentralbank (EZB) sorgt sich angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums und zunehmender Konflikte im Welthandel um die Aussichten für die Finanzstabilität im Euroraum. Das Wachstum bleibe fragil, zudem kämen in einem von Unsicherheiten geprägten geopolitischen Umfeld nun auch noch Sorgen um die Aussichten für den Welthandel hinzu.

„Neben geopolitischen und politischen Risiken nehmen die Spannungen im Welthandel zu, was das Risiko für Extremereignisse erhöht“, erklärte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos im halbjährigen Finanzstabilitätsbericht der Euro-Notenbank, der am 20. November veröffentlicht wurde. Das trübt de Guindos zufolge die Aussichten für die Finanzstabilität ein.

Volkswirte blicken derzeit mit Sorge auf die Machtübernahme im Weißen Haus von Donald Trump, der unlängst die US-Präsidentenwahl gewonnen hat. Der Republikaner hat im Wahlkampf wiederholt höhere Zölle angekündigt und dürfte die USA weiter abschotten. Die in Aussicht gestellten Zölle und eine Zunahme von Handelskonflikten in der Folge dürften die Wirtschaft im Euroraum schwer treffen.

Die Finanzmärkte haben sich nach Einschätzung der EZB zwar bisher als widerstandsfähig erwiesen. Schwankungen an den Börsen hätten aber wieder zugenommen. Hohe Börsenkurse und eine Konzentration von Risiken – vor allem an den Aktienmärkten – machten Finanzmärkte anfälliger für plötzliche Kurskorrekturen.

Schwache Staatshaushalte in manchen Ländern und das schleppende Wachstum erhöhten zudem das Risiko, dass an den Finanzmärkten wieder Sorgen um die Schuldentragfähigkeit aufkommen. Hohe Kreditkosten und trübe Wachstumsaussichten belasteten weiter die Unternehmen. Insgesamt seien die Kreditrisiken aber bisher nur graduell gestiegen. Kleine und mittelgroße Firmen sowie ärmere Haushalte könnten jedoch unter Druck geraten, falls sich das Wirtschaftswachstum mehr abschwächen sollte als erwartet.

Die Immobilienmärkte sind immer noch ein Sorgenfaktor für die EZB. Während sich die Preise für Wohnimmobilien stabilisierten, bleibe der Gewerbeimmobilien-Markt angesichts des E-Commerce und der Homeoffice-Arbeit weiter unter Druck, erklärte die Notenbank.

Laut den Währungshütern besteht das Risiko, dass die Verluste bei Gewerbeimmobilien-Engagements noch weiter zunehmen. Für einzelne Banken und Investmentfonds könnten diese erheblich ausfallen. Die EZB wies allerdings auch auf eine hohe Profitabilität der Banken hin sowie auf deren starke Kapital- und Liquiditätspuffer.

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