Unter dem Slogan „Masterplan für den Industriestandort Oberösterreich“ lud die Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) zu einem Pressegespräch in das Haus der Industrie nach Linz.
Dabei fand das Podium – bestehend aus IV-OÖ-Präsident Stefan Pierer, IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner – drastische Worte, um den Zustand des Standorts Europa im Allgemeinen und Österreich im Speziellen zu beschreiben.
So hänge der Wohlstand in Österreich derzeit an einem „seidenen Faden“, die Abwanderungstendenzen der Industrie seien „im Kleinen wie im Großen real“ und den Menschen sei der drohende Wohlstandsverlust nicht bewusst. „Derzeit wird noch immer eine Party wie auf der sinkenden Titanic gefeiert, aber die Umstände sind äußerst bedenklich“, meinte etwa Pierer.
Die Rahmenbedingungen seien „viel volatiler“ als noch vor einigen Jahren, Europa drohe zwischen China und den USA „zu zerbröseln“ und die EU sei ein „Bürokratiemonster, das teilweise bis zum Stillstand herunterreguliert“.
Zur Untermalung zeigte Pierer Folien, wie hoch bei seinem Unternehmen die jährliche Arbeitsleistung in Mattighofen, in Pune (Indien) und in Hangzhou (China) sei. Im Angestelltenbereich liege die jährliche Stundenleistung in Österreich bei 1.626, in Hangzhou bei 2.573 und in Pune bei 2.456 Stunden. In der Produktion bei 1.580 (Mattighofen), 3.146 (Hangzhou) und 2.916 (Stunden).
Das zeige deutlich, dass es mit Teilzeit nicht gehen werde, die Wirtschaftsleistung und den Wohlstand auf Dauer zu halten. Es scheitere dabei allerdings meistens nicht am Willen der Menschen, mehr zu arbeiten, aber die Rahmenbedingungen – Stichwort hohe Steuerlast – tragen aber laut Pierer nicht dazu bei, dass Menschen freiwillig von beispielsweise 25 auf 40 Stunden aufstocken; wenn ihnen eben nicht mehr Geld am Ende des Tages bleibt.
Zudem habe laut Achleitner, Haindl-Grutsch und Pierer als Folge der Corona-Krise die „Vollkaskomentalität“ und die Rufe nach staatlichen Förderungen so stark zugenommen, dass darunter die Eigenverantwortung leide. Planwirtschaftliche und ideologiegetriebene Vorgaben, etwa bei der Mobilität oder Energie, seien zudem der falsche Weg; vielmehr propagierten die Drei Technologieoffenheit.
Auch die Suche nach Arbeitskräften gestalte sich in Österreich schwieriger und schwieriger. „Qualifizierter Zuzug funktioniert überall, nur nicht bei uns“, monierte Pierer. Dazu ergänzte Achleitner, dass sich Oberösterreich „auch in der aktuellen Koalition zu qualifizierten Zuzug bekennt“. Allerdings dürfe dieser Zuzug nicht mit Asyl und Asylmissbrauch in einen Topf geworfen werden, wie dies in der aktuellen Diskussion geschehe.
Trotz der Schwierigkeiten in Hinblick auf die EU – nochmals sei hier das Stichwort Bürokratie erwähnt – sei diese speziell für Oberösterreichs Industrie wesentlich und das Land ob der Enns ein Nutznießer. Achleitner: „Seit dem EU-Beitritt 1995 hat sich die Zahl der Menschen in Beschäftigung von knapp 500.000 auf 700.000 deutlich erhöht.“ Darüber hinaus gehen laut Achleitner 80 Prozent der Exporte in die EU.
Daher sei auch die EU-Wahl am 9. Juni essenziell und Achleitner, Haindl-Grutsch und Pierer beschworen eindringlich, dass die Österreicher wählen gehen sollen. Pierer: „Die EU-Wahl ist de facto auch fast wichtiger als die Nationalratswahl.“