Besonders junge Menschen aus der gehobenen Mittelschicht lassen sich für einen Winterurlaub begeistern. Das hat Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier im Vorjahr in einer Studie erhoben. Nun hat er sich dieser Gruppe genauer gewidmet, um mehr über ihre Motive und Motivationen zu erfahren. Fazit: Für junge Städter – befragt wurden 14- bis 29-Jährige in Hamburg und Wien – ist Après-Ski passé. Wichtig sind Naturerlebnis, Abenteuer und Gesundheit. Klimaschutz spielt keine Rolle.
„Wir haben es vielfach mit schwer beanspruchten, gestressten Städtern zu tun, die Urlaub in den Bergen machen und aus ihrem Alltag ausbrechen wollen. Sie erwarten sich von der unberührten Natur Heilung und Regeneration ihrer Stresssymptome“, sagte Heinzlmaier am Donnerstag bei einem Medientermin des Netzwerks Winter – eine Plattform aus Vertretern von Seilbahnen, Skiindustrie, Skilehrern und Touristikern – in Kaprun. „Das sind junge Menschen, die nicht auf Halligalli-Urlaub aus sind, sondern einen gemütlichen, naturnahen Winterurlaub genießen, dabei aber etwas erleben wollen.“
Ein zentrales Motiv sei die sportliche Betätigung: „Sie wollen das Ski-, das Berg-, das Naturerlebnis auskosten. Das heißt auch: Früh zu Bett, früh auf die Piste. Das ist ganz ein starker neuer Trend.“ Natürlich gebe es auch weiterhin Gruppen, denen Après-Ski wichtig sei: „Junge Spring-Break-Touristen gehörten aber meist nicht der Zielgruppe aus der oberen Mittelschicht an.“ Gefragt seien sinnliche Erfahrungen wie Hüttenerlebnisse und das Erlebnis am Berg. „Das kann auch ein Spaziergang durch den verschneiten Wald sein.“
Der Jugendforscher sprach von „gestressten Jungakademikern und Start-up-Opfern“, die Ruhe suchen und Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen. „Die wollen auftanken, regenerieren, zu sich kommen – das war durchgehend der Tenor“, sagte Heinzlmaier, der die Studie im Auftrag der heimischen Seilbahnwirtschaft und des Netzwerks Winter durchführte. „Die machen sich in jungen Jahren Gedanken über ihre körperliche und psychische Gesundheit. Sie suchen nach Urlaubserlebnissen, die sie wieder aufbauen.“
Die Diskussionen über die Zukunft des Wintersports seien in dieser Gruppe nicht durch die Medien, sondern durch eigene Erfahrungen geprägt. „Sie finden es nicht schön, wenn abseits der Piste alles aper ist. Oder der Schnee matschig und unansehnlich ist.“ Für die Generation Z – die heute 15- bis 29-Jährigen – sei die Ästhetisierung des Lebens wichtig. „Junge Leute wollen keine hässlichen Bilder.“ Und: „Wenn es einen Faktor für den Ausstieg aus dem Skisport gibt, dann ist es von Erwärmung verschlechterte Pistenqualität.“ Das überrascht insofern, weil Klimaschutz und umweltfreundliche Anreise jüngere Skisportler laut Studie kaum tangiert. „Dafür spielt der Naturschutz eine große Rolle. Die Natur soll in ihrer sichtbaren Schönheit erhalten bleiben.“
Interessant ist auch, dass erfolgreiche Skisportler oder der Skiweltcup zu keiner Mobilisierung für den Winterurlaub beitragen. „Keiner mit denen wir gesprochen haben, kannte den Gesamtweltcupsieger Marco Odermatt oder Manuel Feller, den Sieger der Slalomwertung im Vorjahr“, berichtete Heinzlmaier. Mit Lindsey Vonn oder Marcel Hirscher konnten die meisten aber etwas anfangen. „Geschaut werden in der Zielgruppe aber Action-lastige Videos vom Freeriden oder Snowboarden im Red-Bull-Style.“
Übrigens werden auch gehobene, finanziell gut situierte Schichten preisbewusster und sagen, dass Skifahren teurer geworden ist. „Aber sie gehen anders damit um. Eltern sagen zu ihren Kindern, wenn du mitkommst, dann wollen wir auch, dass du Ski fährst. Nicht nur ein oder zwei Mal, sondern jeden Tag.“ Und je früher junge Leute auf den Skiern stehen, desto wahrscheinlicher würden sie dem Sport langfristig verbunden bleiben. Bei Menschen, die später anfangen, sei die Bindung an das Wintersport-Erlebnis nicht mehr so groß. „Darum sollte man darauf schauen, dass Kinder schon mit drei, vier oder fünf Jahren das Skifahren lernen“, empfahl der Jugendforscher.