Kulturhauptstadt brachte wenig internationale Gäste

Aus touristischer Sicht hätte man sich vom Kulturhauptstadtjahr für die Region mehr erwartet, geben der Geschäftsführer der Salzkammergut Tourismus-Marketing GmbH Michael Spechtenhauser und der Direktor des Tourismusverbands Traunsee-Almtal, Andreas Murray, zu. Dennoch fällt ihr Resümee nicht negativ aus. Viele Veranstaltungen hätten zusätzliche Tagesgäste aus Österreich angelockt. Gefehlt hätten ausländische Besucher. Die Bannerstadt Bad Ischl hat gebrummt.

„Was wirklich abgegangen ist, ist der internationale Gast“, meint Murray mit Blick auf die Europäische Kulturhauptstadt Bad Ischl – Salzkammergut 2024 (SKG 2024). Für die Region Traunsee-Almtal habe es damit kein großartiges Plus bei den Nächtigungen gegeben, er sprach von einem „Nullsummenspiel auf dem Papier“. Im gesamten Salzkammergut wurden von Jänner bis Oktober rund 1,56 Millionen Ankünfte registriert, das seien 3,6 Prozent mehr als im Jahr davor, bilanzierte Andreas Winkelhofer, Geschäftsführer des Oberösterreich Tourismus. Die Zahl der Nächtigungen legte um 2,2 Prozent auf rund fünf Millionen zu.

Fast zehn Prozent mehr Nächtigungen in Bad Ischl

Dabei sticht laut Touristikern die SKG 2024-Bannerstadt Bad Ischl heraus. Dort haben die Künstler übernachtet sowie Delegationen und hunderte Medienvertreter. Somit habe die Sommerfrische-Stadt Bad Ischl ein neues „Kundensegment“ angezogen. „Wir hatten einen enormen Gästezuwachs und auch mehr Nächtigungen“, bestätigt Bürgermeisterin Ines Schiller (SPÖ). „Gerade außerhalb der Saison haben wir dies stark gemerkt.“

Konkret wurden in der „Kaiserstadt“ von Jänner bis Oktober rund 101.000 Ankünfte gezählt, was ein sattes Plus von 15,2 Prozent bedeutet, und 363.000 Nächtigungen, ein Zuwachs von 9,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Frequenzmessungen aus anonymisierten Mobilfunkdaten zeigen, dass sich von 18. Jänner bis Ende Oktober rund 5,16 Millionen Tagesgäste in Bad Ischl aufgehalten haben, 2023 waren es im Vergleichszeitraum 4,6 Millionen.

Neue Gästeschichte für Gmunden

Auch für die Stadt Gmunden zieht Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) eine positive Bilanz: „Es ist kein Overtourism entstanden, aber es war schon ein bisschen mehr“ als sonst, schätzt er. Und vor allem seien neue Gästegruppen erschlossen worden, „Publikum, das viel Wertschöpfung dalässt“.

Erstmals war der Titel Europäische Kulturhauptstadt 2024 an eine inneralpine Region vergeben worden. Im Gegensatz zu den Großstädten als Austragungsort von Europäischen Kulturhauptstädten fehlte „in der weitläufigen Region mit gerade einmal 100.000 Einwohnern ein kulturelles Zentrum, in dem große Einzelevents stattfinden“, so Touristiker Spechtenhauser. Statt einer „geballten Ladung von Veranstaltungen in der Stadt“ habe sich „das Angebot verteilt“, was auch Murray als Erklärung für das Ausbleiben der internationalen Gäste anführt.

Möglicherweise durch Kulturhauptstadt vor Minus bewahrt

Die Nachhaltigkeit betreffend erwarten sich beide in Bezug auf den Tourismus daher nicht „allzu viel“. Wobei Murray es dennoch für möglich hält, dass die Europäische Kulturhauptstadt das Salzkammergut vor einem Minus bei den Nächtigungszahlen bewahrt haben könnte. Teuerung und Rezession würden allgemein zu einer spürbaren Zurückhaltung bei der Buchung von Urlauben führen. Im Oktober habe im Salzkammergut das schlechte Wetter zudem zu einem Einbruch der Nächtigungszahlen geführt, ergänzt Spechtenhauser. Und dennoch gab es in der Region heuer ein Plus. Ob Murrays Vermutung, dass dies auf das Konto von SKG 2024 gehen dürfte, stimme, werde sich erst Ende 2025 herausstellen, wenn die Zahlen für jenes Jahr vorliegen.

Die zwei Touristiker wollen jedoch SKG 2024 keinesfalls schlechtreden. Sie seien „stolz“ darauf, dass dieses Kulturjahr im Salzkammergut stattgefunden hat. Denn eines habe es auf jeden Fall gebracht: eine Vernetzung. Sowohl bei den Künstlern als auch bei den Bürgermeistern der teilnehmenden Orte. Damit sei die Region „näher zusammengerückt“ – ein großes Ziel, das Intendantin Elisabeth Schweeger verfolgt hat.

200 neue Arbeitsplätze im Tourismus

Positiv bilanziert Robert Oberfrank, Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer Gmunden: „Allein in der Tourismusbranche entstanden 200 neue Arbeitsplätze, obwohl in vergleichbaren Regionen in Oberösterreich die Beschäftigung rückläufig war“, rechnete er vor. Dass die Tourismusschule um 50 Prozent mehr Anmeldungen verzeichnete als im Vorjahr, schreibt er unter anderem dem Projekt „Wirtshauslabor“ in Bad Ischl zu. Der Werbewert der Kulturhauptstadt bis Ende Oktober lag laut Eigenangaben bei 110 Millionen Euro.

Stolz ist man bei SKG 2024 auch auf die österreichweite Vorreiterrolle, die man mit dem gemeinsamen Ticketing-System, an dem bundesländerübergreifend alle Regionen des Salzkammerguts beteiligt sind, übernommen habe: Seit dem Start am 1. Dezember 2023 wurden rund 35.000 Tickets mit einem Gesamtumsatz von rund 1,45 Millionen Euro verkauft.

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