Das Hochwasser Mitte September hat in Österreich enorme Schäden sowohl bei Privaten als auch bei Unternehmen verursacht. Auf 1,3 Mrd. Euro beläuft sich nun die erste Schätzung des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII), des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) und des Complexity Science Hub (CSH). Investitionen in den Hochwasserschutz verhinderten noch größere Schäden, insgesamt ist Österreich gut auf mögliche Überflutungen vorbereitet.
In den 1,3 Mrd. Euro sind die vom Versicherungsverband (VVO) geschätzten 700 Mio. Euro an Schäden für vor allem private Haushalte berücksichtigt, sagten ASCII-Direktor und CSH-Wissenschafter Peter Klimek und Wifo-Ökonom Klaus Friesenbichler im Gespräch mit der APA. Schäden durch Produktionsausfälle, beschädigtes Inventar bei Betrieben und Betriebsausfälle, die indirekt über Lieferketteneffekte betroffen sind, beziffern die Ökonomen auf 300 bis 900 Mio. Euro, im Mittel sind es 600 Mio. Euro. Zur Schadensberechnung wurden direkte Schäden wie die Vernichtung von Lagerbeständen oder Unterbrechungen der Unternehmenstätigkeit herangezogen. Indirekte Schäden wurden mithilfe eines Input-Output-Modells berechnet.
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Hinzu kommen Schäden im Agrarsektor, diese beziffern die Ökonomen auf 14,7 Mio. Euro – basierend auf den Schätzungen der Österreichischen Hagelversicherung und unter Bezugnahme von Geodaten. Insgesamt seien rund 900 Unternehmen von den Überschwemmungen betroffen, laut einem Modell des ASCII waren 676 Betriebe sogar stark betroffen. Schäden bei der Infrastruktur – darunter fallen auch die Schäden bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) – wurden mangels offizieller Daten nicht in der Schätzung inkludiert. Mit einer „hemdsärmeligen Schätzung“ könne inklusive Infrastrukturschäden aber mit rund 1,8 Mrd. Euro an Schäden gerechnet werden, sagten die Experten.
Dass die Schäden nicht noch höher ausgefallen sind, ist auch der Präventionsmaßnahmen der vergangenen Jahre zu verdanken – nicht zuletzt, weil jährlich 60 Mio. Euro in den Hochwasserschutz investiert würden. „Die Vorbeugung für Hochwasser hat gut funktioniert“, so Friesenbichler. Das zeige auch der Vergleich mit früheren Flutkatastrophen. Die Überschwemmungen im Jahr 2002 verursachten noch Schäden in Höhe von 3 Mrd. Euro, 2013 wurden Flutschäden von 0,9 Mrd. Euro registriert. Zu der Reduktion trugen der Bau von Hochwasserschutzwällen und Dämmen, aber auch die Einführung von Alarmen bei.
Bei der Kompensation für Betroffene gebe es allerdings noch Verbesserungspotenzial. Derzeit sieht der Katastrophenfonds in Niederösterreich bei Härtefällen eine Deckung von bis zu 80 Prozent vor. „Aus Sicht der Allgemeinheit ist das durchaus fraglich“, sagte Friesenbichler. Dadurch gebe es weniger Anreize, nicht in Hochwassergebieten zu bauen. An und für sich sei der Fonds zwar ein gutes Instrument, ihn für immer wiederkehrende Schäden einzusetzen sei aber nicht ideal.
Sinnvoller wäre für Friesenbichler eine Versicherungslösung, die auch über die Prämien diskriminiert – sprich: wer in einem Gebiet mit höherem Risiko für Hochwasser wohnt, zahlt auch höhere Prämien. Für sozial schwächere Haushalte könnte es eine Unterstützung des Staates geben.
Für die Zukunft müsse man jedenfalls damit rechnen, dass derartige Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels häufiger und intensiver werden. Prävention alleine werde daher nicht ausreichen. „Nur Dämme bauen wird nicht Weisheit letzter Schluss sein“, sagte Friesenbichler. Man werde künftig sicher auch an Siedlungs- und Niederlassungsstrukturen feilen müssen.