OeNB: Weiter erhöhte Risiken im Gewerbeimmobiliensektor

Der Gewerbeimmobiliensektor bereitet der Oesterreichischen Notenbank (OeNB) nach wie vor Sorgen. Die Risiken in dem Segment stiegen weiter an, weshalb Banken ab Mitte des kommenden Jahres ein neuer Kapitalpuffer in dem Bereich auferlegt wird. Im Wohnimmobiliensektor sorgt dagegen die KIM-VO für Stabilität. Insgesamt dämpft das schwache wirtschaftliche Umfeld die Kreditnachfrage, heißt es im aktuellen Finanzstabilitätsreport der Notenbank.

Die heimischen Banken sind zwar gut kapitalisiert und haben sich auch im jüngsten Stresstest als widerstandsfähig erwiesen, die Kreditqualität hat allerdings weiter abgenommen, sagte OeNB-Direktor Markus Schwaiger am Dienstag. Insgesamt liegt die Quote notleidender Kredite (non-performing loans/NPL) zwar noch unter 3 Prozent – aber: „Das Niveau ist nicht das Problem, es ist eher die Dynamik“, betont Schwaiger. Auch der Anteil an Krediten, die zwar noch nicht ausgefallen seien, aber Anpassungen benötigten um die Rückzahlungsfähigkeit zu erhalten, habe zugenommen. Das alles deute auf ein anhaltend hohes Ausfallgeschehen in den kommenden Jahren hin.

Die zunehmende Ausfalldynamik ist besonders im Gewerbeimmobiliensektor zu spüren. Bis Mitte 2024 ist die Quote in dem Bereich auf 5,5 Prozent angewachsen – das entspricht einer Verdoppelung seit ihrem Tiefststand im Jahr 2020, schreibt die OeNB. Der Anstieg fand vor allem ab dem Jahr 2022 statt.

Um dem entgegenzuwirken, hat das Finanzstabilitätsgremium (FMSG) den Banken vor kurzem einen neuen Kapitalpuffer in Höhe von einem Prozent für Gewerbeimmobilienkredite auferlegt. Dieser tritt erst Mitte 2025 in Kraft, jedoch würden derartige Maßnahmen bereits mit ihrer Ankündigung Wirkung entfalten, sagte Schwaiger. Dass der Puffer die Banken überlastet und die Wirtschaft damit bremsen könnte, glauben die Notenbanker nicht. Der Puffer sei gezielt nur für die Gewerbeimmobilien festgelegt worden. Zudem sei das Kapital bei den meisten Banken ausreichend um den Puffer zu verkraften.

Etwas entspannter ist die Lage im Wohnimmobiliensektor, wo die NPL-Quote noch deutlich unter 2 Prozent liegt – obwohl sie sich im Vergleich zu 2022 auch etwas erhöht hat. Das Risiko im Wohnimmo-Bereich sei durch die strengeren Regeln für die Wohnimmobilienkreditvergabe in Österreich (KIM-VO) stabilisiert worden. Der Anteil nachhaltiger Kredite in dem Segment liegt laut OeNB derzeit bei über 80 Prozent.

Die KIM-VO gilt vorerst bis Mitte 2025, ob sie dann weitergeführt wird oder nicht ist derzeit noch offen. Für OeNB-Gouverneur Robert Holzmann ist unabhängig von der Entscheidung dazu vor allem wichtig, dass der „Geist der Verordnung“ erhalten bleibt – sprich, dass Wohnimmobilienkredite mit mehr Eigenkapital finanziert werden und Haushaltsbudgets ein geringeres Risiko haben, überlastet zu werden.

Insgesamt bleibt die Kreditnachfrage jedoch aufgrund der schwachen Konjunktur gedämpft – vor allem Unternehmen seien mit Anlageinvestitionen zurückhaltend. Österreich befindet sich heuer im zweiten Rezessionsjahr in Folge. Die OeNB erwartet für 2024 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf minus 0,7 Prozent. Österreich ist mit dieser Entwicklung nicht alleine – in der gesamten Eurozone lässt der erhoffte Aufschwung derzeit auf sich warten. Dass sich daran rasch etwas ändert, sieht Holzmann derzeit nicht. Die nahende Präsidentschaft von Donald Trump könnte indessen eher für eine höhere Inflation in den USA und auch in Europa sorgen, sollte er seine Ankündigungen umsetzen, so der Gouverneur.

Vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur und der Lage an den Kreditmärkten rät die OeNB den heimischen Banken zu Zurückhaltung bei der Ausschüttung von Gewinnen, um die Kapitalbasis weiter zu stärken. Zudem müssten sich die Institute auf die strengeren Aufsichtsregeln für Gewerbeimmobilienkredite vorbereiten, nachhaltige Vergabestandards bei Immobilienkrediten sowie eine angemessene Risikosteuerung sicherstellen. Um profitabel zu bleiben, mahnte Holzmann zudem Kostendisziplin und Investitionen in Informationstechnologien zum Schutz vor Cyberrisiken ein.

Bisher zeigten sich die heimischen Banken im heurigen Jahr sehr profitabel. Im ersten Halbjahr 2024 haben die Banken kumuliert einen Gewinn von 7 Mrd. Euro erwirtschaftet. Unterstützt hat vor allem das Geschäft im Ausland, das aktuell 40 Prozent der Bilanzsumme ausmacht. Die Gewinne der österreichischen Banktöchter in Zentral-, Ost- und Südosteuropa stiegen knapp über 3 Mrd. Euro an. Die Kapitalisierung blieb mit 17,7 Prozent im europäischen Vergleich überdurchschnittlich.

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