Rewe-Chef: Künftige Regierung sollte mehr für Handel tun

Billa/Bipa-Chef mit Geschäftsentwicklung zufrieden © APA/THEMENBILD/BARBARA GINDL

Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti fordert von der künftigen Regierung mehr Engagement für den beschäftigungsintensiven Handel. „Österreich ist nicht nur ein Industrieland, wir sind auch ein Handelsland“, sagte der Billa/Bipa-Konzernchef am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Haraszti plädiert für eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten, Senkungen bei den Lohnnebenkosten und Erleichterungen bei der Flächenwidmung.

Von der Politik und Öffentlichkeit würde sich der Rewe-Österreich-Chef mehr Wertschätzung für den Handel wünschen. Bei den Themen Flächenversiegelung von Boden und Teuerung sei man ungerechtfertigterweise in der Kritik gestanden. „Der Handel ist immer der Böse.“ Die Handelsbranche sei aber „ein Motor für Arbeitsplätze in Österreich“, so Haraszti. Hierzulande gibt es rund 620.000 Handelsbeschäftigte, bei der Rewe Group Österreich (Adeg, Billa, Billa Plus, Bipa und Penny) arbeiten aktuell rund 47.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon rund 2.000 Lehrlinge. Rewe hat derzeit über 2.600 offene Stellen.

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Der Rewe-Österreich-Chef drängt schon seit längerem auf eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, etwa eine Ausweitung von aktuell maximal 72 Stunden auf 80 Stunden zwischen Montag und Samstag. Die Öffnungszeiten-Regelung sei „nostalgischer Unfug“. Der Billa/Bipa-Konzernchef ist aber gegen eine generelle Sonntagsöffnung. Die sogenannten Tourismuszonen mit Sonntagsöffnung seien ausreichend.

Als ersten Schritt wünscht sich Haraszti eine komplette Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten bei Selbstbedienungsboxen. Laut einem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) dürfen Nahversorger-Container ohne Mitarbeiter nur solange offen halten wie Supermärkte. Es gebe in Österreich Bedarf an derartigen Boxen, weil es hierzulande rund 580 Gemeinden ohne Nahversorgung gebe, so der Billa/Bipa-Chef. In einer Billa-Box (60 Quadratmeter) mit Selbstbedienungskassa gibt es rund 1.000 Artikel, eine Box steht testweise in Wiener Neudorf gegenüber der Rewe-International-Konzernfiliale.

Mit der Umsatzentwicklung in Österreich ist der Firmenchef zufrieden. Man verzeichne heuer eine „stabile Geschäftsentwicklung“. Details zur Geschäftsentwicklung wollte Haraszti nicht verraten. Die Trends auf der einen Seite zu Eigenmarken- und Aktionsartikel und auf der anderen Seite zu bio, regional, vegetarisch und vegan würden anhalten. Rewe hat die Marktführerschaft im heimischen Lebensmittelhandel vor einigen Jahren an Spar verloren. Im laufenden Jahr liegt der Marktanteil von Spar bei 36,8 Prozent und bei Rewe mit Adeg, Billa und Penny bei 33,6 Prozent. Auf die Diskonter Hofer und Lidl entfällt ein Marktanteil von rund 23 Prozent. Die hohe Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel in Österreich sieht der Rewe-Österreich-Chef nicht als Problem. „Es ist der härteste Wettbewerb den es gibt. Wir schenken uns nichts.“

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Billa galt im Onlinehandel lange als Vorreiter. Die Supermarktkette stellte nun die österreichweite Hauszustellung außerhalb des Großraumes Wien nach neun Jahren aus wirtschaftlichen Gründen ein. Ab 1. Dezember gibt es die eigene Zustellung nur noch in Wien und in Teilen von Niederösterreich und dem Burgenland. Mit den beiden Wiener Großlagern könne man 3 Millionen Menschen in Österreich erreichen, so der Firmenchef. Ausgebaut werden das Click & Collect-Geschäft und die Kooperation mit dem Lieferdienst Foodora.

In Wien kämpfen neben Billa, Hofer und Interspar die Online-Lebensmittelhändler Alfies, Gurkerl und Hausfreund um Marktanteile. Interspar liefert im Großraum Wien sowie in der Stadt Salzburg und Umgebung. Der Diskonter Hofer bietet in Wien eine Lebensmittel-Hauszustellung mit dem Lieferdienst Roksh an. Zwei Pioniere im heimischen Online-Lebensmittelhandel – nämlich die Tiroler Supermarktkette MPreis und der oberösterreichische Nahversorger Unimarkt – machten heuer aus wirtschaftlichen Gründen ihren Online-Shop komplett dicht.

Der ab 1. Jänner 2025 gültige Einwegpfand für Plastikflaschen und Dosen bringt Änderungen für Händler, Getränkehersteller und Konsumenten. Rewe hat in Österreich einen „zweistelligen Millionenbetrag“ in Pfandautomaten und räumliche Adaptierungen investiert. Bis zum Ende des ersten Quartals kommenden Jahres dürfen die Getränkehersteller ihre Ware, auf der noch keine Pfandzeichen sind, an den Handel liefern. Dieser darf die Ware noch bis Jahresende verkaufen. Das Nebeneinander von Pfandflaschen und Pfanddosen und Altware ohne Pfand kann für einige Kunden möglicherweise verwirrend sein. In der Übergangsphase sollen Billa-Mitarbeiter bei Fragen zum Pfandsystem in der Nähe des Pfandautomaten vor Ort sein.