Spitzenkoch Max Stiegl hat „gutes Essen“ auch für ärmere Schichten abseits der Spitzenverdiener eingefordert. „Hochwertiges, gepflegtes Essen“ müsse etwa auch für „Alleinerziehende“ leistbar sein, mahnte Stiegl ein. „Ich bin der Ansicht, dass nicht nur eine dekadente Masse Anspruch darauf hat“, sagte er im APA-Gespräch am Rande seines Schlachtfestes „Sautanz“, das bei der Brauerei „Bierol“ in der Schwoich bei Kufstein in Tirol stattfand. Kritik kam auch an „Künstler-Köchen“.
Köche seien nämlich „keine Künstler, sondern vor allem Handwerker“, erklärte der Gault&Millau Koch des Jahres 2021. Viele stünden sich mit diesem überhöhten und aus seiner Sicht auch falschen Anspruch „selbst im Weg“ und hätten dadurch nicht zuletzt den Kontakt zur „breiteren Masse“ verloren, teilte Stiegl gegen seine Haubenkollegen aus. „Ich persönlich mag es einfach nicht, wenn nur Porsche vor dem Restaurant oder dem Hotel stehen“, feuerte er eine weitere Spitze gegen einen Teil seiner Berufskollegen und deren anvisierte Zielgruppe ab.
Er bevorzuge es, wenn „ganz normale Menschen“ in seinem Restaurant seien, sagte Stiegl, der das burgenländische Gut Purbach leitet. Diese Personen wüssten nämlich seine Küche zum Teil auch „mehr zu schätzen“. Keinesfalls wolle er jedenfalls den Kontakt zu einem Publikum abseits der sich oft selbst genügenden Hauben- und Gourmet-Szene verlieren. „Das ist beispielsweise der Grund, warum ich 2024 einen Gourmet-Burger am Festival Nova Rock in Nickelsdorf gebraten habe“, nannte er ein Beispiel. „Da gab es einen leistbaren, guten Burger, der auch regional war“, führte Stiegl aus.
Mit „gut“ und gutem Essen meine er nämlich keinesfalls nur mehrgängige und zum Teil zu Recht hochpreisige Menüs, sondern einfach auch handwerklich gut gemachtes, frisch gekochtes Essen mit regionalen Zutaten. „Gefüllte Paprika oder eine Suppe sind doch wunderbare Gerichte“, strich Stiegl heraus. Auch für die vermeintlich einfachen, aus seiner Sicht aber unterschätzten Gerichte wie Blutwurst oder „Blunzngröstl“ brach er eine Lanze.
Aber nicht nur die falsche „Wertigkeit und Bewertung“ von Gerichten sei ein Problem, sondern grundsätzlich auch die Preisgestaltung in so manchem „guten Lokal“. „Wenn man etwa nach Spanien schaut, gibt es hervorragendes Tapas für recht kleines Geld“, so Stiegl. Auch Italien habe Österreich in dieser Hinsicht etwas voraus, denn auch hier werde in finanzieller Hinsicht im gehobenen Segment vergleichsweise „weniger dick aufgetragen“.
All diese Problemstellungen hingen womöglich auch damit zusammen, dass das Handwerk beim Kochen immer mehr in den Hintergrund rücke, argumentierte Stiegl weiters. „Viele Menschen haben schlicht verlernt zu kochen und in den Spitzenküchen verkocht man lieber exotische Zutaten, anstatt das Regionale handwerklich perfekt zuzubereiten.“
Er selbst stehe hingegen für eine Linie, die sich als „radikal regional“ und „unbedingt handwerklich“ bezeichnen ließe. Zudem stelle er das „Wir über das Ich“ und betrachte Essen auch als ein „soziales Ereignis“, bei dem alle Menschen Platz haben sollen, so Stiegl, der damit auch seinen „Sautanz“ meinte, bei dem ein Schwein „Nose to Tail“ zubereitet wird. Im Grunde gehe es aber vor allem um eines: „Den Produkten und in diesem Fall einem Alpenschwein eine Bühne zu bieten.“