Zehntausende bei Protest in Belgrad gegen Lithium-Bergwerk

Zehntausende Menschen demonstrieren in Belgrad gegen den geplanten Abbau von Lithium in Serbien. Umweltschützer halten diesen für höchst schädigend für Mensch und Natur. Nach einem Aufruf mehrerer Umweltschutzvereine versammelten sich die Demonstranten am Samstag auf dem zentralen Terazije-Platz der serbischen Hauptstadt.

Motto: „Es wird keine Bergwerke geben“. Politiker rund um Präsident Alexsandar Vučić sehen darin auch auf einen „Umsturz“ zielende Antiregierugsproteste.

Teile der Protestierenden besetzen zudem die Schienen in zwei Bahnhöfen der serbischen Hauptstadt und blockieren damit dort den Zugverkehr. Viele von ihnen wollen die Gleise die ganze Nacht über besetzt halten. Die Polizei schritt zunächst nicht ein, wie die deutsche Presseagentur dpa berichtete.

Innenminister Ivica Dačić bezeichnete die Blockaden unterdessen als schwere Verletzung der öffentlichen Ordnung und des Friedens. Er kündigte Anzeigen wegen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten an.

Die Polizei habe die Zahl der Demonstrierenden auf 24.000 bis 27.000 geschätzt, sagte der Minister nach Angaben der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug.

Für die kommenden Tage hatten im Vorfeld einzelne Anführer der Demonstranten weitere Verkehrsblockaden im Land angekündigt, ohne Details zu nennen. In den vergangenen Tagen hatten viele Menschen in mehr als 40 serbischen Städten gegen dieses Projekt demonstriert.

Im westserbischen Jadar-Tal liegt Europas größtes Lithium-Vorkommen. Der Rohstoff ist wichtig für die Herstellung von Elektroautos. Im Juli dieses Jahres hatte Belgrad für die Lithium-Förderung grünes Licht gegeben, nachdem sie diese zwei Jahre zuvor auf Druck der Umweltschützer vorläufig gestoppt hatte.

Serbiens Regierung unterzeichnete m 19. Juli in Belgrad mit EU-Kommissionsvize Maroš Šefčovič eine Absichtserklärung, die eine umweltverträgliche Förderung des weltweit extrem begehrten Leichtmetalls im Jadar-Tal ermöglichen soll

Die EU will mit dem Projekt vor allem die Abhängigkeit von China reduzieren. China kontrolliert einen großen Teil des Abbaus und der Verarbeitung von Lithium weltweit.

Interessiert an diesem Förderprojekt ist seit Jahren der australische Bergbaugigant Rio Tinto. „Ist es Patriotismus, einem multinationalen Unternehmen zu helfen, oder ist wahrer Patriotismus der Kampf für saubere Luft, sauberes Land und Wasser, der uns alle in Serbien ernährt?“, sagte die Schauspielerin Jelena Stupljanin bei der Protestkundgebung in Belgrad.

Umweltschützer kritisieren unter anderem, dass Lithium-Bergbau das Grundwasser mit Schwermetallen verunreinige und daher eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Anwohner darstelle.

Die von verschiedenen Umweltorganisationen veranstaltete Protestkundgebung folgte auf Kundgebungen von Lithium-Gegnern in rund 50 Städten und Ortschaften in den vergangenen Wochen. „Sie werden nicht abbauen“ und „Verrat“ riefen Teilnehmer zu den Plänen, das Lithium-Bergwerk zu errichten.

Bei der Kundgebung waren Staatsflaggen und Flaggen des Jadar-Tals zu sehen, allerdings keine Parteiflaggen, auch wenn die Opposition die Proteste unterstützt.

Laut früheren Ankündigungen von Präsident Aleksandar Vučić soll das Bergwerk 2028 den Betrieb aufnehmen und jährlich 58.000 Tonnen Lithium herstellen. Das vom Konzern Rio Tinto geplante Bergwerk soll in einer Agrarregion entstehen.

Mehrere Spitzenfunktionäre der regierenden Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS) haben am Abend auf Sozialnetzen eine Fotografie von Präsident Vučić mit der Aufschrift: „Serbien ist mit Dir“ veröffentlicht. Parlamentspräsidentin Ana Brnabić warf unterdessen regierungskritischen Medien vor, durch ihre Berichterstattung „Chaos“ anrichten zu wollen.

Auch wäre die heutige Protestkundgebung ihrer Ansicht nach auf „gewaltsamen Umsturz“ ausgerichtet. Dass die Proteste von Lithium-Gegnern eigentlich gegen ihn gerichtet wären, hatte auch Vučić in den vergangenen Tagen wiederholt.

Die mobile Version verlassen