Viele Hochwasser-Opfer verloren Anzahlungen bei Kika/Leiner

Bei der Pleite von Kika/Leiner gibt es tausende Kunden, die um ihre Anzahlungen umfallen. Darunter sind nach dem extremen Hochwasser in Niederösterreich auch viele Flutopfer. Denn die nun zahlungsunfähige Möbelkette hatte nach dem 15. September noch eine Hochwasser-Hilfsaktion mit einem 20-prozentigen Sofortrabatt gestartet. In die Insolvenz involvierte Personen sprachen gegenüber der APA von „überdurchschnittlich vielen Härtefällen“. Verbraucherschutz gibt es hier nicht.

Am 20. September warb Leiner auf Facebook noch folgendermaßen: „Die extremen Unwetter haben viele von uns schwer getroffen und der Weg zurück zur Normalität ist oft lang und herausfordernd. In dieser schwierigen Situation möchten wir euch zur Seite stehen und euch unterstützen“, und weiter: „Gemeinsam schaffen wir das!“

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Doch aus dem „Gemeinsam“ wurde nichts – im Gegenteil, der Schaden wurde noch größer als Kika/Leiner am 12. November Insolvenz anmeldete. Diese Woche informierte der Masseverwalter die betroffenen Kundinnen und Kunden, ob er ihre Kaufverträge noch erfüllt oder nicht. Laut Medienberichten geht es um 10.000 bis 20.000 Anzahlungen, etwa für Küchen oder Sofas. Der Masseverwalter selbst will sich zur Zahl der betroffenen Kunden nicht äußern.

Anzahlungen kurz vor einer Insolvenz rechtlich erlaubt

Dass ein Unternehmen wenige Wochen vor einer Pleite noch Anzahlungen entgegennimmt, ist laut Insolvenzexperten aus juristischer Sicht in Ordnung. Ein Unternehmen hat, wenn es feststellt, dass es zahlungsunfähig ist, noch bis zu 60 Tage Zeit eine Sanierung zu versuchen, bevor es einen Insolvenzantrag stellen muss. In dieser Zeit darf das Unternehmen seine Geschäfte normal fortführen, also auch Anzahlungen entgegennehmen.

Mehrere Medien griffen in den vergangenen Wochen Einzelschicksale auf. Die ORF-Sendung „Thema“ berichtete etwa von einem älteren Ehepaar aus Sieghartskirchen in Niederösterreich, das nach dem Hochwasser für eine neue Küche und ein Speisezimmer 21.270 Euro angezahlt hat. „Heute“ schilderte den Fall einer Alleinerzieherin aus Kirnberg an der Mank, die mit dem Geld aus dem staatlichen Katastrophenfonds 19.000 Euro angezahlt hat.

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Ohne den von der Möbelkette angebotenen „Schotter-Schutz“, den ungefähr ein Drittel der Betroffenen abgeschlossen hat, ist die Chance das Geld zurückzubekommen gering. Wer mit Kredit- oder Bankomatkarte gezahlt hat, kann zumindest eine Rückbuchung über seine Bank versuchen. Die Erste Bank erklärte vergangene Woche, ihre Kunden dabei zu unterstützen. Ein solcher „Chargeback“ sei auch über das Onlinebanking George möglich. Wer die Anzahlung in bar leistete oder überwies, kann sie nur als Forderung im Konkursverfahren anmelden. Die Insolvenzquote liegt bei einem Konkurs in Österreich oft unter 10 Prozent. Das heißt, man bekommt nach Abschluss des Konkursverfahrens nur einen Bruchteil seines Geldes zurück. Und weil eine Forderungsanmeldung 25 Euro kostet, ist eine Anmeldung bei kleineren Beträgen oft sinnlos.

SPÖ brachte Thema Anzahlungen in Regierungsverhandlungen ein

Eine gesetzliche Absicherung für Anzahlungen von Konsumenten gibt es in Österreich – mit Ausnahme von Pauschalreisen – nicht. Die SPÖ hat dem Vernehmen nach das Thema Anzahlungen in die Regierungsverhandlungen eingebracht, scheint sich in der Untergruppe für Verbraucherschutz aber nicht gegen ÖVP und NEOS durchgesetzt zu haben.

Die ÖVP Niederösterreich erklärte auf APA-Anfrage, dass es „schrecklich“ sei, dass Hochwasseropfer durch den Konkurs erneut geschädigt wurden. Die Partei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hält aber fest, dass Kunden die Möglichkeit gehabt hätten, Versicherungen abzuschließen, die in solchen Fällen einspringen.

Der FPÖ-Abgeordnete Alois Kainz stellte am Freitag zu dem Thema eine parlamentarische Anfrage an den scheidenden Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne). Kainz will wissen, ob für Gläubiger, die auch vom Hochwasser betroffen waren, staatliche Hilfen überlegt werden und ob Hochwasseropfer etwa von der Anmeldegebühr in Höhe von 25 Euro befreit werden können.

Sozialministerium und AK für bessere Absicherung bei Anzahlungen

Aus Rauchs Ministerium hieß es auf APA-Anfrage, die Kika/Leiner-Insolvenz zeige, wie wichtig eine verpflichtende Absicherung der Zahlungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern sei. „Diese sollte politisch diskutiert und in der neuen Legislaturperiode umgesetzt werden, zumindest ab einer gewissen Höhe der Anzahlung.“ Möglich wäre auch, dass bestimmte Branchen verpflichtet werden, Konsumenten eine Anzahlungsgarantie anzubieten.

Auch die Arbeiterkammer (AK) sieht nach der Kika/Leiner-Pleite Handlungsbedarf. Bei einem Kauf, der mit längeren Lieferfristen verbunden ist, sollte die Anzahlung gesetzlich auf 10 bis 20 Prozent gedeckelt werden.

Bisher ist nur bei Pauschalreisen vorgeschrieben, dass die Anzahlung maximal 20 Prozent betragen darf. Zudem müssen die Reiseveranstalter für die Kundengelder eine Insolvenzversicherung abschließen. Ausgenommen sind allerdings Reiseleistungen, die getrennt voneinander gebucht werden. Auch hier fordert die Arbeiterkammer (AK) eine Nachschärfung. „Flugtickets werden in der Regel lange vor Flugantritt zur Gänze bezahlt und sollten daher einen Insolvenzschutz haben“, sagte die Leiterin der AK-Konsumentenschutzabteilung, Gabriele Zgubic, zur APA.