Wifo-Experte Rainer Eppel sieht Optimierungsbedarf bei der „konkreten Ausgestaltung“ der aktiven AMS-Arbeitsmarktpolitik. Eppel plädiert für eine „Umgewichtung“ von kurzen Schulungen zu intensiverer fachlicher Qualifizierung, Nachschärfungen bei der Beschäftigungsförderung und mehr Prävention gegen Arbeitslosigkeit. Generell sei die aktive Arbeitsmarktpolitik „ein zentrales Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Fachkräftesicherung“, sagte der Wifo-Ökonom.
Die aktive Arbeitsmarktpolitik des Arbeitsmarktservice (AMS) umfasst vor allem die Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung (u. a. Schulungen) sowie der Mobilität und die befristet geförderte Beschäftigung in kommerziellen Betrieben oder in sozialen Unternehmen. Für die aktive Arbeitsmarktpolitik hatte das AMS zuletzt ein Budget von 1,4 Mrd. Euro im Jahr zur Verfügung.
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Der Wifo-Experte verwies auf empirische Evidenz, dass Qualifizierungs- und Beschäftigungsförderungen des AMS die Beschäftigungschancen der geförderten Arbeitskräfte erhöhen und zur Reduktion der Arbeitslosigkeit beitragen können. Die aktive Arbeitsmarktpolitik sei „ein zentrales Instrument zur Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwandels“, sagte der Wifo-Arbeitsmarktexperte bei einem Online-Hintergrundgespräch des „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“ am Donnerstag
Eppel machte sich für ein finanziell gut ausgestattetes AMS stark. „Das wirksamste Mittel, um die Existenz von Arbeitslosen zu sichern und gleichzeitig negative Arbeitsanreize zu vermeiden, ist eine intensive Betreuung durch das AMS mit ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen.“ Die Evaluierung von AMS-Pilotprojekten durch das Wifo habe gezeigt, dass eine intensivere Betreuung der Arbeitslosen durch mehr Beratungspersonal die Arbeitslosigkeit verkürze und Kosten spare und dass es mehr Beschäftigungsaufnahmen und häufigere Abmeldungen vom AMS gegeben habe.
Der gebürtige Österreicher und Assistenzprofessor an der Universität Edinburgh, Lukas Lehner, warnte bei dem Pressegespräch vor Kürzungen beim AMS-Förderbudget. Im OECD-Vergleich seien Länder wie Dänemark und Schweden bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik „weiter fortgeschritten“, in Österreich würden die Ausgaben in den letzten zehn Jahren in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnieren. „Kürzungen könnten angesichts der aktuellen Entwicklungen gravierende Folgen haben“, sagte Lehner.
In Nicht-Wahljahren werden die Grundlagen für das AMS-Förderbudget im folgenden Jahr im Rahmen der Budgetverhandlungen zwischen den verschiedenen Ressorts und dem Finanzminister im Spätsommer und Frühherbst fixiert. Aufgrund der Nationalratswahlen im September und der anschließenden Koalitionsverhandlungen wird das finale AMS-Förderbudget erst nach der Regierungsbildung fertiggestellt. AMS-Vorständin Petra Draxl sprach Mitte Juli von einer vorläufigen Reduktion des Förderbudgets um 6 Prozent auf 1,33 Mrd. Euro. „Ich würde vermuten, dass die nächste Regierung uns dann, sobald sie steht und ein neues Budget hat, wahrscheinlich wieder was draufgibt“, sagte AMS-Vorstand Johannes Kopf damals.
Lehner ortet folgende Stellschrauben bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik: Österreich benötige mehr Mittel für effektive Qualifikationsmaßnahmen, nachhaltige Vermittlung sowie direkte Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Personen. „Eine kluge Ressourcennutzung ist erforderlich, um wirkungsvolle Programme zu fördern und Sanktionen zu vermeiden“, empfiehlt der Wissenschafter. Freiwillige Vermittlungsangebote könnten regelmäßige Kontrolltermine ersetzen, um Kosten zu sparen und das Service zu verbessern.